Adoptiveltern: Unterschied zwischen den Versionen

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Selbstverständlich sin die [[Grundprinzipien der Erziehung]] die gleichen wie bei einer leiblichen Beziehung zu den Kindern. Von grosser Bedeutung ist aber, zu welchem Zeitpunkt die Adoption beziehungsweise der Verlust der Eltern geschah: Die [[Phasen der Erziehung|ersten etwa vier, alles entscheidenden, Jahre im Leben]] eines Kindes sind zunächst vom Prinzip des Vertrauens beziehungsweise Selbstvertrauens und danach vom Prinzip des Willens beziehungsweise der Grenzen geprägt: In den beiden ersten Jahren wird im Idealfall ein tragfähiges [[Vertrauen|Vertrauensverhältnis]] zwischen den Eltern und dem Kind aufgebaut, das in den beiden folgenden Jahren gefestigt werden sollte.  
Selbstverständlich sin die [[Grundprinzipien der Erziehung]] die gleichen wie bei einer leiblichen Beziehung zu den Kindern. Von grosser Bedeutung ist aber, zu welchem Zeitpunkt die Adoption beziehungsweise der Verlust der Eltern geschah: Die [[Phasen der Erziehung|ersten etwa vier, alles entscheidenden, Jahre im Leben]] eines Kindes sind zunächst vom Prinzip des Vertrauens beziehungsweise Selbstvertrauens und danach vom Prinzip des Willens beziehungsweise der Grenzen geprägt: In den beiden ersten Jahren wird im Idealfall ein tragfähiges [[Vertrauen|Vertrauensverhältnis]] zwischen den Eltern und dem Kind aufgebaut, das in den beiden folgenden Jahren gefestigt werden sollte.  


Als Adoptiveltern sollten Sie sich vor allem bewusst sein, dass es für ein Kind nichts Schlimmeres gibt, als von den Eltern [[verlassen]] worden zu sein (wobei es eine zweitrangige Rolle spielt, welches der Grund dafür ist!). Dieses [[Traumatische Erlebnisse|traumatische Erlebnis]] kann kaum je ganz verarbeitet werden. Es wird zumindest unterbewusst immer eine Art [[Hypothek]] bleiben, mit der Menschen unterschiedlich gut klar kommen. Grösste Bedeutung in der Erziehung von Adoptivkindern wird deshalb das Thema [[Vertrauen]] haben: Das Kind muss erstens eine neue [[Beziehungen|Beziehung]] aufbauen können und muss zweitens die Erfahrung machen können, dass es sich auf diese Beziehung bedingungslos verlassen kann (und nicht noch einmal enttäuscht wird). Gerade diese Bedingungslosigkeit ist für Adoptiveltern aber nicht immer ganz so einfach zu meistern wie bei eigenen Kindern. Irgendwann wird sich immer, wenn auch unbewusst, der Gedanke einschleichen, dass es ja nicht in Ihrer Verantwortung lag, dass das Adoptivkind ein Manko an Vertrauen (oder an Grenzen) erlitt. Sie werden wohl auch immer wieder mit dem Gedanken konfrontiert werden, dass Sie keine "vollkommenen" Eltern sein können, auch wenn Sie sich noch sehr anstrengen. Mit diesem "Manko" müssen Sie - genauso wie das Kind - lernen zu leben. Seien Sie sich der auch bewusst, dass es auch bei den leiblichen Eltern keine perfekten gibt!
Als Adoptiveltern sollten Sie sich vor allem bewusst sein, dass es für ein Kind nichts Schlimmeres gibt, als von den Eltern [[verlassen]] worden zu sein (wobei es eine zweitrangige Rolle spielt, welches der Grund für das Verlassen ist!). Dieses [[Traumatische Erlebnisse|traumatische Erlebnis]] kann kaum je ganz verarbeitet werden. Es wird zumindest unterbewusst immer eine Art [[Hypothek]] bleiben, mit der Menschen unterschiedlich gut klar kommen. Grösste Bedeutung in der Erziehung von Adoptivkindern wird deshalb das Thema [[Vertrauen]] haben: Das Kind muss erstens eine neue [[Beziehungen|Beziehung]] aufbauen können und muss zweitens die Erfahrung machen können, dass es sich auf diese Beziehung bedingungslos verlassen kann (und nicht noch einmal enttäuscht wird). Gerade diese Bedingungslosigkeit ist für Adoptiveltern aber nicht immer ganz so einfach zu meistern wie bei eigenen Kindern. Irgendwann wird sich immer, wenn auch unbewusst, der Gedanke einschleichen, dass es ja nicht in Ihrer Verantwortung lag, dass das Adoptivkind ein Manko an Vertrauen (oder an Grenzen) erlitt. Sie werden wohl auch immer wieder mit dem Gedanken konfrontiert werden, dass Sie keine "vollkommenen" Eltern sein können, auch wenn Sie sich noch sehr anstrengen. Mit diesem "Manko" müssen Sie - genauso wie das Kind - lernen zu leben. Seien Sie sich der auch bewusst, dass es auch bei den leiblichen Eltern keine perfekten gibt!


Noch schwieriger sind interkulturelle Adoptionen: Zum Verlassen werden kommt dann noch eine [[Entwurzelung]] hinzu, sodass sich die Frage stellt, wie dem Kind schliesslich besser geholfen wäre (Zum Beispiel im indischen Kinderheim oder in der europäischen Adoptivfamilie?). Dass die Selbstmordquote bei Adoptivkindern mehrfach höher liegt ist denn auch nicht erstaunlich (wobei damit noch nichts darüber gesagt ist, wie hoch die Quote wäre, wenn diese Kinder ohne Adoptiveltern geblieben wären!).
Noch schwieriger sind interkulturelle Adoptionen: Zum Verlassen werden kommt dann noch eine [[Entwurzelung]] hinzu, sodass sich die Frage stellt, wie dem Kind schliesslich besser geholfen wäre (Zum Beispiel im indischen Kinderheim oder in der europäischen Adoptivfamilie?). Dass die Selbstmordquote bei Adoptivkindern mehrfach höher liegt ist denn auch nicht erstaunlich (wobei damit noch nichts darüber gesagt ist, wie hoch die Quote wäre, wenn diese Kinder ohne Adoptiveltern geblieben wären!).

Version vom 15. November 2017, 10:58 Uhr

Selbstverständlich sin die Grundprinzipien der Erziehung die gleichen wie bei einer leiblichen Beziehung zu den Kindern. Von grosser Bedeutung ist aber, zu welchem Zeitpunkt die Adoption beziehungsweise der Verlust der Eltern geschah: Die ersten etwa vier, alles entscheidenden, Jahre im Leben eines Kindes sind zunächst vom Prinzip des Vertrauens beziehungsweise Selbstvertrauens und danach vom Prinzip des Willens beziehungsweise der Grenzen geprägt: In den beiden ersten Jahren wird im Idealfall ein tragfähiges Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern und dem Kind aufgebaut, das in den beiden folgenden Jahren gefestigt werden sollte.

Als Adoptiveltern sollten Sie sich vor allem bewusst sein, dass es für ein Kind nichts Schlimmeres gibt, als von den Eltern verlassen worden zu sein (wobei es eine zweitrangige Rolle spielt, welches der Grund für das Verlassen ist!). Dieses traumatische Erlebnis kann kaum je ganz verarbeitet werden. Es wird zumindest unterbewusst immer eine Art Hypothek bleiben, mit der Menschen unterschiedlich gut klar kommen. Grösste Bedeutung in der Erziehung von Adoptivkindern wird deshalb das Thema Vertrauen haben: Das Kind muss erstens eine neue Beziehung aufbauen können und muss zweitens die Erfahrung machen können, dass es sich auf diese Beziehung bedingungslos verlassen kann (und nicht noch einmal enttäuscht wird). Gerade diese Bedingungslosigkeit ist für Adoptiveltern aber nicht immer ganz so einfach zu meistern wie bei eigenen Kindern. Irgendwann wird sich immer, wenn auch unbewusst, der Gedanke einschleichen, dass es ja nicht in Ihrer Verantwortung lag, dass das Adoptivkind ein Manko an Vertrauen (oder an Grenzen) erlitt. Sie werden wohl auch immer wieder mit dem Gedanken konfrontiert werden, dass Sie keine "vollkommenen" Eltern sein können, auch wenn Sie sich noch sehr anstrengen. Mit diesem "Manko" müssen Sie - genauso wie das Kind - lernen zu leben. Seien Sie sich der auch bewusst, dass es auch bei den leiblichen Eltern keine perfekten gibt!

Noch schwieriger sind interkulturelle Adoptionen: Zum Verlassen werden kommt dann noch eine Entwurzelung hinzu, sodass sich die Frage stellt, wie dem Kind schliesslich besser geholfen wäre (Zum Beispiel im indischen Kinderheim oder in der europäischen Adoptivfamilie?). Dass die Selbstmordquote bei Adoptivkindern mehrfach höher liegt ist denn auch nicht erstaunlich (wobei damit noch nichts darüber gesagt ist, wie hoch die Quote wäre, wenn diese Kinder ohne Adoptiveltern geblieben wären!).

Als kinderloses Paar sollten Sie sich also gut überlegen, ob Sie all diesen Herausforderungen gewachsen sind. Denn wenn Sie die Verantwortung erst einmal übernommen haben, können Sie diese nicht einfach zurückgeben.

Schliesslich bleibt die grosse Frage, ob, wann und wie dem Adoptivkind mitgeteilt werden soll, dass Sie nicht seine leiblichen Eltern sind. Bei der Antwort sollten Sie sich von den Grundsätzen der Offenheit und Ehrlichkeit leiten lassen. Gehen Sie also zunächst davon aus, dass das Kind mit der (unter Umständen schwierigen) Wahrheit besser umgehen kann, als mit einem Tabu.

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