Behindern

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Eltern sprechen gerne und in bester Absicht davon, dass sie ihre Kinder wo immer möglich fördern und unterstützen wollen. Meistens ist das Verhalten der Eltern zwar gut gemeint, aber häufig trotzdem geradezu kontraproduktiv. Denn Kinder Kinder entwickeln sich grundsätzlich von selbst, die Eltern sollten deshalb in erster Linie darauf achten, dass sie ihre Kinder dabei nicht behindern!

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Beispiele für unnötige Behinderungen

Ein Kind wird in seiner Entwicklung behindert, wenn Eltern ihm, beziehungsweise seinen Fähigkeiten, nicht genügend vertrauen und deshalb meinen eingreifen zu müssen:

  • Nachhelfen: Eltern machen ihren Kindern keinen Gefallen, wenn sie ihnen schon bei den ersten Schwierigkeiten nachzuhelfen versuchen: Damit fördern sie nämlich gar nichts, sondern verhindern lediglich, dass das Kind selbst herausfinden und erfahren kann, wie etwas am besten geht. Nachhelfen ist deshalb in den allermeisten Fällen nicht bloss unnötig, sondern streng genommen sogar eine Art von Misstrauen gegenüber den Fähigkeiten des Kindes und deshalb höchst kontraproduktiv. Warten Sie deshalb immer, bis das Kind von sich aus um Hilfe fragt (wenn es noch nicht sprechen kann, wird es das durch Mimik oder Gestik tun). Oder vergewissern Sie sich zumindest, indem Sie selbst fragen, ob es Hilfe braucht.
  • Unterbrechen und Stören: Meistens auch gut gemeint ist es, wenn Eltern zum Beispiel ihre gerade im Spiel versunkenen Kinder zur nächsten Attraktion zu locken versuchen (sei es der schöne Hund, sei es die Eisdiele): Diese Art von "Zwangsbeglückung" stört vor allem die Konzentration des Kindes. Unterbrechen Sie Ihr Kind möglichst wenig oder noch besser gar nicht, insbesondere wenn es spielt, isst oder schläft. Das Kind meldet sich nämlich von selbst, wenn es etwas anderes braucht. Üben Sie sich also ein wenig in Geduld und geniessen Sie es dafür, dass Ihr Kind je länger desto besser ohne Ihr Zutun auskommt!
  • Unnötige Warnungen: Warnungen sind zwar meistens auch gut gemeint, doch sollten sie nur bei wirklichen Gefahren ausgesprochen werden und nicht bei allen möglichen Bagatellgefahren (wie zum Beispiel der Gefahr von schmutzigen Kleidern). Denn auch Warnungen zielen darauf ab, dem Kind eine Erfahrung zur ersparen. Wenn das Kind lernen soll, dass Spielen in der Wasserlache mit schmutzigen und nassen Kleidern verbunden ist, muss es das zuerst einmal erfahren können. Wichtig ist dabei, dass Sie als Eltern dem Kind die Verantwortung dafür lassen, das heisst es muss spüren, wie es sich anfühlt, mit nassen Kleidern heimzukehren. Wenn Sie ihm nämlich aus lauter Fürsorge gleich Ersatzkleider bereithalten, nehmen Sie ihm diese Erfahrung und somit auch die Verantwortung (von nassen Kleidern erkältet man sich übrigens nicht!).
  • Ersatzbefriedigung: Wenn der versehentlich geplatzte Ballon gleich durch die nächste Attraktion ersetzt wird, wird dem Kind die Möglichkeit genommen, auch Misserfolge erfahren zu können. Solche sind aber nötig, wenn seine Ausdauer erhalten werden soll. Kommt dazu, dass Sie nicht immer gleich einen Ersatz organisieren können oder sich das Kind schon gar nicht damit zufrieden gibt. Ersatzbefriedigung beeinträchtigt vor allem die Frustrationstoleranz des Kindes.
  • Überfluss: Ein Kind, das im Überfluss aufwächst, also zum Beispiel zu viel Spielzeug oder Essen hat, droht daran gewissermassen zu ersticken, sodass sein Wille, sich für irgendetwas einzusetzen, zunehmend erlahmt. Aber auch seine Kreativität und Phantasie werden leiden, denn um etwas zu erschaffen, braucht es auch Leerräume. Nur ein leeres Blatt Papier reizt zum zeichnen. Wenn schon überall Bilder sind, fehlt der Raum, um selbst etwas gestalten zu wollen. Kindergärten haben dieses Problem längst erkannt und begonnen, diesem eigentlichen Luxusproblem mit Spielzeug-freien Tagen entgegenzuhalten. Das ist sicher ein guter Ansatz, allerdings darf man sich schon fragen, weshalb denn zuvor überhaupt der ganze Überfluss angehäuft wurde.
  • Reizüberflutung: Ganz ähnlich gelagert ist das Problem der zunehmenden Reizüberflutung in unserer westlichen Zivilisation: Man kann sich der Werbeflut und der Dauerberieselung durch Musik (und zunehmend auch noch durch Düfte) in Läden kaum mehr entziehen. Während Erwachsene mittlerweile instinktive Abwehrmechanismen entwickelt haben, sind Kinder diesen Einflüssen ziemlich schutzlos ausgeliefert. Als Eltern sollten Sie deshalb wenigstens darauf achten, dass Sie das Kind nicht noch zusätzlich mit Reizen überfluten. Insbesondere Unterhaltungselektronik sollte in den ersten vier Jahren in Kinderzimmern gar nichts zu suchen haben (die damit zusammenhängende Suchtgefahr kann durchaus mit Drogen verglichen werden!). Gehen Sie in dieser Zeit zurückhaltend mit Zucker (auch künstlichem) und Salz um. Auch Kleider müssen nicht immer in den grellsten Farben, womöglich noch mit irgendwelchen Stickereien versehen, erleuchten. Kinder haben noch eine sehr feine Wahrnehmung, die sie Ihnen belassen sollten. Grelles und Lautes können diese feine Wahrnehmung sehr schnell beeinträchtigen, sodass die eigenen Sinne mehr und mehr abstumpfen.
  • Bewegungsarmut: Kinder lieben es von Natur aus sich zu bewegen. Schon Kleinkinder wollen möglichst schnell und überall selbst gehen, ausser wenn sie müde sind oder die Nähe der Eltern brauchen, nie jedoch aus Bequemlichkeit! Verzichten Sie deshalb auf möglichst alle motorisierte Fortbewegung, umgehen Sie zum Beispiel Fahrstühle oder Rolltreppen und ziehen Sie das Fahrrad dem Auto vor. So bewahren Sie dem Kind seine natürliche Freude an der Bewegung (und tun ganz nebenbei noch sehr viel für seine Gesundheit und für die Umwelt!). Vor allem in den ersten Jahren müssen natürlich auch einige schmerzvolle Stürze in Kauf genommen werden. Die sind allerdings halb so schlimm, wenn Sie das Kind bloss richtig trösten (statt ihm womöglich noch Vorwürfe zu machen).

Schliesslich kann die Entwicklung des Kindes durch eigentliche Misshandlung, wie Missbrauch oder Gewaltanwendung, behindert werden, doch geht es hier mehr um Verhalten der Eltern, das eigentlich gut gemeint ist, sich aber trotzdem kontraproduktiv auswirkt.

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