Fragen der Eltern

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Wenn Sie Ihr Kind etwas fragen, schenken Sie ihm Aufmerksamkeit und lernen seine Persönlichkeit kennen. Fragen Sie aber nur, weil Sie etwas wissen wollen oder eine Vermutung bestätigt haben wollen. Fragen der Eltern können nämlich auch manipulativen Absichten beinhalten, sodass sie höchst kontraproduktiv wirken.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Das neugeborene Kind ist für die Eltern meistens ein noch völlig unbekanntes Wesen, das Ihnen anfangs kleinere und grössere Rätsel aufgibt: Schreit es nun, weil es Hunger hat oder weil ihm kalt ist? Will es lieber auf dem Bauch oder doch besser auf dem Rücken schlafen? Ausser durch Schreien kann es sich ja noch kaum mitteilen. Trotzdem wird es Ihnen enorm helfen, wenn Sie das Kind von Anfang an und ausdrücklich fragen ("Hast Du Hunger?", "Magst Du auf dem Bauch schlafen?"), statt einfach etwas anzunehmen ("Du hast Hunger."). Denn das Kind nimmt sehr wohl wahr, ob Sie sich Mühe geben, sich über seinen Zustand zu vergewissern oder ob Sie einfach selbst entscheiden, was es gut ist. Es fehlt ihm einzig die Möglichkeit, sich so ausdrücken zu können, dass es von Erwachsenen verstanden wird.

Doch schon bald werden Sie merken, dass sich das Kind durch seine Mimik (und später an seiner Gestik) mitteilen kann, sodass Sie seine Signale nach und nach verstehen lernen können. Gefordert ist einzig Ihre Achtsamkeit. Das sollte Ihnen aber nicht sonderlich schwer fallen, da Sie Ihr Kind ja sowieso liebend gerne anschauen! Und wenn Sie sich dabei noch angewöhnen, Ihre Beobachtungen mittels Fragen durch die Antworten des Kindes bestätigen zu lassen, spürt das Kind Ihr Interesse an seiner Persönlichkeit und kann dadurch Selbstvertrauen gewinnen. Vertrauen ist wiederum das Fundament jeder Beziehung.

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa ab dem dritten Lebensjahr, kann es nicht bloss seine Bedürfnisse kundtun, sondern dazu auch noch vehement einfordern, was es alles erreichen oder ergattern will. Nun müssen Sie als Eltern unterscheiden lernen, um was es geht: Geht es wirklich bloss darum, dass zwischen Ihnen und dem Kind etwas nicht klar ist - oder geht es nicht vielmehr darum, dass das Kind schlicht etwas anderes will als Sie? Im ersten Fall, hilft natürlich weiterhin die Sache zu klären, indem Sie das Kind fragen ("Weisst Du, wo die Pantoffeln hingehören?"). Im zweiten Fall hilft Fragen hingegen nicht mehr, da müssen Sie schon klar und eindeutig einfordern, was Sie wollen ("Stell die Pantoffeln dorthin, wo sie hingehören!") und allenfalls auch die Konfrontation in Kauf nehmen. Denn nun geht es darum, dass Sie lernen Grenzen zu setzen.

Notfalls also lieber einmal zu viel die Befehlsform als dauernd die Frageform, weil Sie Angst haben, "zu hart zu" sein: Kinder müssen in dieser Phase den Widerstand der Eltern förmlich spüren. Diesen Widerstand können Sie dem Kind immer dann zumuten, wenn Sie zuvor genügend Vertrauen aufbauen konnten. Dieser Boden der Beziehung muss vorhanden sein, ansonsten entweder Sie, das Kind oder gar beide, schon bei der geringsten Unstimmigkeit einen Liebesverlust befürchten. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Wer nicht lernte, zuerst "Ja" zu sagen, kann auch nicht "Nein!" sagen!

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Mit der Sozialisation, also in der Regel mit dem Eintritt in die (Vor)Schule, beginnt das Kind vermehrt ausserhalb der Familie Erlebnisse zu machen. Es baut eine eigene Welt auf, in der es sowohl positive als auch negative Erfahrungen macht. Diese teilt es häufig, aber eben nicht immer, mit seinen Eltern. Wieviel Kinder zu Hause erzählen, ist einerseits sehr individuell, hängt also von seiner Persönlichkeit ab. Andererseits hängt es aber auch von der Beziehung zu den Eltern ab, ob das Kind genügend Vertrauen hat und ob es genügend Respekt erwarten kann, um sich mitzuteilen. Sie sollten deshalb Ihrem Gespür vertrauen, ob und wann Sie sich nach dem Befinden oder den Erlebnissen erkundigen sollen und wann eher nicht. Bedenken Sie auch, dass Kinder auch in diesem Alter immer noch sehr im Hier und Jetzt leben und sich deshalb für das Vergangene häufig nicht mehr interessieren (sondern zum Beispiel nach der Schule in erster Linie wissen wollen, was es zum Mittagessen gibt).

Etwas anderes ist es natürlich, wenn Sie den Eindruck haben, das Kind sei bedrückt, weil es etwas belastet, das ihm unangenehm ist oder es schmerzt. Kinder können sich in solchen Situationen auch schämen, sodass sie sich nicht getrauen sich mitzuteilen, obwohl eigentlich eine tragfähige Beziehung zu den Eltern vorhanden wäre. Der Grund ist häufig, dass sich das Kind schuldig fühlt für das, was ihm widerfahren ist. Das gilt gerade für Kinder, die sich zum Beispiel sehr pflichtbewusst immer an die Vorsichtsregeln der Eltern halten und dann "passiert trotzdem etwas". Wenn das Kind sich Ihnen nicht von sich aus öffnen will, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die erste und wichtigste ist immer: Zeit lassen. Manchmal hilft es zum Beispiel auch, dass der Vater statt die Mutter fragt. Oder Sie können das Kind fragen, ob es sein "Geheimnis" jemand anderen anvertrauen möchte. Drängen wäre hingegen kontraproduktiv, da sich Kinder, und erst recht Jugendliche, nur noch mehr verschliessen würden. Versuchen Sie auch zu spüren, wie ernsthaft die Angelegenheit ist. Das Kind kann sich zum Beispiel auch bloss deshalb unwohl fühlen, weil es etwas geklaut hat. In solchen Fällen dürfen Sie auch einmal etwas grosszügiger sein und sich sagen, dass das Kind ja offenbar schon "genügend bestraft" ist. Bei einem schwerwiegenden Verdacht, wenn Sie zum Beispiel einen Missbrauch befürchten, müssen Sie der Sache aber nachgehen. In sollen Fällen können Sie auch anderweitig Erkundigungen einholen, wie zum Beispiel nach Verhaltensauffälligkeiten in der Schule nachfragen und entsprechend reagieren.

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Kontraproduktive Fragen

So wichtig Fragen der Eltern an das Kind sein mögen: es gibt eine ganze Reihe von Fragen, hinter denen kein wirkliches oder ein falsches Interesse steckt und die deshalb kontraproduktiv wirken:

  • Suggestivfragen: Eine Suggestivfrage ist eigentlich keine Frage, sondern meist eine verkappte Aufforderung. Wenn Sie zum Beispiel das Kind in die KITA bringen, ahnend, dass die Trennung schwierig werden könnte, und zu ihm sagen: "Du möchtest halt schon lieber bei der Mutter sein, nicht wahr?", haben Sie die Antwort bereits vorweggenommen, denn kaum ein Kind, zumal wenn es erst noch an die Trennung gewöhnt werden soll, wird mit "Nein" antworten! Sie könnten also genauso gut zu Hause bleiben und dem Kind sagen, dass es Ihnen lieber wäre, wenn es bei Ihnen bleiben würde (und sich damit den Umweg ersparen)! Werden Sie sich also vorher darüber klar, ob Sie das Kind wirklich in die KITA lassen wollen, denn nur, wenn Ihre eigene Haltung dazu eindeutig ist, kann auch das Kind loslassen, ansonsten wird es von Ihnen ständig gestossen und gleichzeitig zurückgehalten.
  • Fragen anstelle von Fordern: Viele Eltern meinen, sie müssten ihre Kinder aus lauter Höflichkeit fragen, ob sie dies oder jenes tun oder lassen sollen. Anstand ist aber für Kinder, insbesondere in den ersten Phasen der Erziehung, schlicht noch eine Überforderung. Kinder brauchen vielmehr Klartext und sie nehmen ihre Eltern wörtlich. Wenn Sie also zum Beispiel "fragen", ob das Kind seinen Teller in die Küche tragen möge, wird es selbstverständlich (und vernünftigerweise!) frei entscheiden, ob es Lust dazu hat oder eben nicht. Wenn Sie diese Mithilfe wirklich zur Regel machen wollen, müssen Sie dem Kind das klar als Aufforderung sagen: "Trage noch Deinen Teller in die Küche!". Anstandsregeln kann das Kind später noch genug lernen, beziehungsweise es wird sie ganz einfach Ihnen nachahmen. Das geht aber frühestens, wenn das Kind bereits reif ist, es also genügend Selbstvertrauen aufbauen konnte und mit Regeln des Zusammenlebens umgehen kann. Dafür muss es zuerst einmal die Grenzen seines Willens erfahren haben und Sie müssen gelernt haben, mit allfälligem Toben angemessen umzugehen.
  • Neugier anstelle von Interesse: Die häufig symbiotische Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind, insbesondere der Mutter während der Schwangerschaft, bringt es mit sich, dass Eltern meinen, sie wüssten alles über ihr Kind und müssten auch ewig alles wissen. Eltern sollten sich aber möglichst von Anfang bewusst werden, dass ihr Kind eine eigene Persönlichkeit mitbringt, die nur es selbst wirklich kennen kann. Vergessen Sie also gleich, dass Sie es wären, die Ihr Kind am besten kennt! Lassen Sie sich vielmehr überraschen, wie es sich entwickelt und welche Fähigkeiten es selbst (!) entdeckt. Es mag eine Gratwanderung zwischen Neugier und echtem Interesse sein, doch werden Sie an der Reaktion des Kindes sofort erkennen können, um was es geht: Entweder es lehnt Ihre Fragen genervt ab oder es freut sich und antwortet Ihnen gerne!
  • Bohrende Fragen: Auch Kinder haben Geheimnisse, die sie lieber mit jemanden anderen teilen als mit den Eltern, oder gar ganz für sich behalten wollen. Und die Eltern müssen auch gar nicht immer alles wissen, um ihrer Obhutspflicht nachkommen zu können. Sie brauchen Ihr Kind also nicht gleich einem Verhör zu unterziehen, bloss weil Ihnen etwas entgangen ist, von dem Sie meinen, Sie müssten es unbedingt wissen. Gerade Jugendliche können zu Recht sehr genervt reagieren, wenn die Eltern zum Beispiel über sämtliche Kollegen und Freunde Auskunft verlangen. Wenn Sie dafür kein Gespür entwickeln, können Jugendliche durchaus auch mit Totalverweigerung reagieren.
  • Kränkende Fragen: Zwar ist es wichtig, dass Eltern ihre Kinder nach deren Gefühlen fragen, doch sollten sich diese Fragen erstens auf die wirklichen Gefühle (also die Grundgefühle Freude, Angst, Wut, Trauer und Schmerz) beschränken und zweitens sollten sich die Eltern bewusst sein, dass die Frage nach dem Gefühl auch für Kinder eine ziemlich intime Frage sein kann. Fragen nach Ersatzgefühlen beziehungsweise deren Unterstellung, wie zum Beispiel: "Bist Du jetzt beleidigt?", "Warum tust Du so schüchtern?" oder "Schämst Du Dich nicht?" haben regelmässig einen kränkenden oder herablassenden Hintergrund. Ersatzgefühle haben zudem weniger mit dem Kind, als mehr mit Erziehungsfehlern der Eltern zu tun, welche diese auf das Kind übertragen. Die Gefühle von Kindern sind noch rein, also unabhängig von falschen Absichten oder Minderwertigkeitsgefühlen!

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

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