Grundprinzipien der Erziehung

Aus 2 x 2 der Erziehung
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ARTIKEL IM AUFBAU / IN ÜBERARBEITUNG!



Selbstvertrauen und freier Wille

Die beiden Grundprinzipien gemäss dem "Zweimalzwei der Erziehung" ergeben sich aus der allgemeinen Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes während den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung. In dieser Zeit entwickelt es die beiden weitaus wichtigsten Kräfte für sein Leben:

  • Selbstvertrauen: In den beiden ersten Lebensjahren[1] des Kindes geht es vor allem darum, dass die Eltern lernen, den Fähigkeiten und Grundbedürfnissen des Kindes zu vertrauen. Im gleichen Masse wie die Eltern ihrem Kind vertrauen, wird dieses sein Selbstvertrauen aufbauen können.
  • Freier Wille: In den beiden folgenden Jahren[1] braucht das Kind zudem Herausforderungen, an denen es wachsen kann und die Eltern werden lernen müssen, dem Willen des Kindes auch Grenzen zu setzen. So kann das Kinds seinen Willen gewissermassen kultivieren, sodass es diesen respektvoll einsetzen kann.

Diese beiden für das Leben des Menschen so wertvollen Kräfte kann das Kind also nur in Beziehung mit Ihnen als Eltern, oder zumindest mit Ersatzeltern, entwickeln. Und Sie haben nur etwa die ersten vier Jahre Zeit dafür, danach ist die Persönlichkeit des Kindes bereits derart weit entwickelt, dass danach bloss noch Korrekturen in Form von Nacherziehen möglich sind. Im Idealfall ist das Kind aber noch vor der Sozialisation, also dem Eintritt in die (Vor)Schule, bereits derart reif, dass Sie Ihre Erziehungarbeit auf eine Art Begleitung beschränken können.

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1. Grundprinzip: Selbstvertrauen durch Vertrauen

Kinder kommen mit einem vollkommenen Vertrauen in das Leben beziehungsweise in ihre Eltern zur Welt, währen die Eltern zuerst noch lernen müssen, dem Kind zu vertrauen. Je besser die Eltern den Grundbedürfnissen und denn unglaublichen Fähigkeiten des Kindes vertrauen können, desto stärker kann sich dessen Selbstvertrauen entwickeln. Vertrauen in ein Kind bedeutet, sich auf das Ungewisse einlassen zu können: Es gibt keine Versicherung, dass Ihr Kind nach dieser oder jener Zeit so und so viel weiss oder kann, das Sie womöglich auch noch messen könnten. Es gibt keine Garantie, dass es diese oder jene Eigenschaften mitbringt und es gibt keine Instanz, bei der Sie reklamieren könnten, wenn Ihre Vorstellungen und Erwartungen nicht erfüllt wurden. Es gibt nur eines: Ihr Vertrauen als Eltern in das Wunder des Kindes, wie auch immer dieses aussieht. Man könnte auch sagen, es geht darum, dass Sie lernen, das Schicksal anzunehmen: Weder können Sie wissen, was im Innern des Kindes vor sich geht, noch was aus ihm einst werden wird. Sie können bloss daran glauben, dass in Ihrem Kind immer genau das ist, was es für sein Leben braucht. Und dass das Kind die Fähigkeit mit sich bringt, auch genau das zur Blüte zu bringen. Und zwar von sich aus, ohne dass Sie irgendwie nachhelfen müssten!

Das "Ja" zum Kind

Anders gesagt geht es um das "Ja" zum Leben: Alles, was das Kind in den beiden ersten Jahren tut oder lässt, ist richtig und gut! In dieser Zeit dürfen Sie das Kind einfach machen lassen und es geniessen, ohne ihm irgendwelche Einschränkungen auferlegen zu müssen. Lassen Sie also Ihr Kind möglichst uneingeschränkt alles entdecken, wonach es Lust und Laune hat. Das sollte jedenfalls solang gelten, als nicht wirkliche Gefahren drohen (wobei die meisten davon bloss Bagatellgefahren sind!).

Grundbedürfnisse

In dieser ersten Phase der Erziehung dürfen Sie das Kind auch beliebig verwöhnen, hast es doch von Natur aus ausschliesslich Grundbedürfnisse. Verwöhnen bedeutet, dass Sie ihm möglichst alles geben, was es verlangt, aber umgekehrt ihm auch nur das geben, was es von sich aus verlangt. Das tönt auf den ersten Blick einfach. Doch gerade im ersten Jahr, wenn das Kind in der Regel noch nicht spricht, ist es häufig alles andere als klar, was das Kind wirklich braucht. Wenn das Kind schreit, hilft häufig nur das Motto "Versuch und Irrtum", das heisst Sie müssen Ihr Gespür trainieren, bis Sie herausgefunden haben, was Ihrem Kind gut tut und was nicht. Die einzige Einschränkung liegt in der Gefahr des allgemeinen Überflusses, wie in der westlichen Zivilisation üblicherweise herrscht. Denn damit kommen Kinder noch weniger zu recht als Erwachsene, sodass nur noch das Mittel der künstlichen Verknappung hilft.

Grenzen sind in dieser Phase nur insofern ein Thema, als Sie diese beachten müssen: Als Eltern verfügen Sie auch nur über begrenzte Ressourcen (und müssen dem Kind deshalb auch einmal klarmachen, dass Sie nicht mehr mögen) und umgekehrt haben auch Kinder irgendwann genug der Fürsorge (und wollen deshalb nicht ewig gehalten und genährt werden).

Fähigkeiten

Nebst den Grundbedürfnissen müssen Sie auch noch lernen, den Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen, und zwar gleich von Geburt an, wenn es darum geht, dass jedes Kind leben will und sich schon allein deshalb stillen lässt. So sehr Säuglinge und Kleinkinder noch auf die elterliche Fürsorge angewiesen sind, so sehr schlummern bereits alle Fähigkeiten, die sie jemals für ihr Leben brauchen, bereits in ihnen und müssen bloss noch entwickelt werden - und zwar von selbst, also ganz ohne dass Sie irgendwie nachhelfen müssten. Üben Sie sich in Geduld und warten Sie immer, bis das Kind Ihre Hilfe auch tatsächlich verlangt (anfangs bloss durch seine Mimik oder Gestik, für die Sie schon bald ein Gespür entwickeln werden).

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2. Grundprinzip: Freier Wille durch Herausforderungen und Grenzen

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, bekommen Sie es als Eltern mit der zweiten wichtigen Kraft des Menschen zu tun. Anfangs ist diese Kraft allerdings noch roh und kann vom Kind kaum kontrolliert werden, sodass Eltern häufig den Eindruck erhalten, das Kind sei egoistisch oder gar besonders schwierig, weil es zum Beispiel nicht gehorchen will. Gehorsam kann aber nicht das Ziel der Erziehung, ganz im Gegenteil: Das Ziel sollte Freiheit sein, ansonsten es weder selbständig noch beziehungsfähig wird! Dazu braucht das Kind aber in dieser so entscheidenden Phase Ihren Widerstand, in und zwar in Form von Herausforderungen und Grenzen.

Das "Nein!" der Eltern

Man könnte auch sagen, in dieser Phase geht es um das "Nein!". Zwar sollen Sie weiterhin zu Ihrem Kind "Ja" sagen, doch braucht es nun auch das Gegenstück. Der Wille ist eine Kraft, die sprichwörtlich Berge versetzen kann und dem Kind allzugleich eigentliche Allmachtsphantasien bescheren kann. Es muss deshalb seine Kraft austoben können um spüren zu können, wie weit es gehen kann, was seine Kräfte bereits zulassen, wo es aber auch auf Grenzen zum Beispiel von ruhebedürftigen Nachbarn oder übermüdeten Eltern stösst. Von sich aus kennt es in diesem Alter keine Grenzen! Es legt deshalb an Ihnen als Eltern, ihm konsequent "Nein!" zu sagen, wenn es zu weit geht.

Die entscheidende Voraussetzung dafür, dass Sie auch wirklich "Nein!" sagen können und das Kind dieses "Nein!" akzeptiert kann, ist, dass Sie zuvor während der Vertrauensbildung gelernt haben, zum Kind auch wirklich "Ja" zu sagen. Denn ansonsten kann Ihnen das Kind nicht vertrauen und wird auf Ihr "Nein!" mit Verlustangst reagieren. Trotzdem wird es anfangs meistens nicht ohne den einen oder anderen Tobsuchtsanfall gehen, denn der Wille des Kindes ist stark und es ist selbst vollkommen überzeugt, dass es sein Ziel erreichen kann und wird deshalb nicht so schnell aufgeben. Sie müssen deshalb lernen, angemessen auf das Toben zu reagieren. In der Regel genügt es bereits, wenn Sie es ein- oder zweimal geschafft haben!

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Herausforderungen

Kinder in diesem Alter lieben und brauchen Herausforderungen, denn sie wollen erfahren, was sie mit ihrer Kraft alles anstellen und erreichen können. Muten Sie Ihrem Kind deshalb zumindest das zu, was es von sich aus ausprobieren will. Es muss selbst erfahren können, wie hoch es klettern kann oder wie schnell es rennen kann. Denken Sie auch daran, dass sich Kinder nie von sich aus Gefahren aussetzen, sondern ein hervorragendes Gespür für Risiken haben (wichtige Ausnahme: künstliche Gefahren wie Strassenverkehr oder Maschinen).

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Grenzen

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Auf die Phase der Vertrauensbildung folgt die ebenso wichtige Phase der Willensbildung: Mit der Entwicklung des Willens, in der Regel ab etwa dem dritten Lebensjahr, wächst im Kind eine unglaublich starke Kraft, der von den Eltern etwas entgegengehalten werden muss. Die Eltern müssen nun lernen dem Kind Grenzen zu setzen. Je klarer und konsequenter diese Grenzen gesetzt werden, desto schneller lernt das Kind seinen Willen zu kultivieren und die Anliegen seiner Umwelt zu respektieren.

Der Wille entwickelt sich von selbst, bei den meisten Kindern sehr abrupt und überraschend, bei anderen eher langsam und stetig. Grenzen hingegen kennt das Kind von Natur aus keine. Und es lernt sie auch nicht einfach so von sich aus. Das ist vielmehr die wichtigste Erziehungsaufgabe der Eltern überhaupt, nachdem diese zuvor gelernt haben, dem Kind zu vertrauen. Der Wille ist die wertvollste Kraft des Menschen überhaupt: er allein ermöglicht uns, alle unsere Möglichkeiten, all unser kreatives Potential auch tatsächlich zu realisieren. Ohne Wille würde das Leben bloss eine Wunschvorstellung, ein Traum bleiben. Diese Kraft ist aber bei ihrer Entstehung noch roh und ungestüm, das heisst der Wille muss zuerst gewissermassen kultiviert werden, wenn daraus einen freier Wille werden soll.

Für diese Kultivierung genügt ein einziges "Zauberwort": Mit einem einmal, aber laut und deutlich ausgesprochnen, "Nein!" setzen Sie dem Kind am wirkungsvollsten eine Grenze. In aller Regel genügt das vollkommen. Kinder können aber in dieser Phase schon auch mal Wut|wütend werden, wenn sie ihren Willen nicht durchsetzen können, und zu toben beginnen. Das ist nichts als eine natürliche und gesunde Reaktion! Heikel ist hingegen, wie Sie als Eltern darauf reagieren. Denn als erstes müssen Sie nun konsequent bei Ihrer Haltung bleiben und dürfen sich weder durch die Reaktion des Kindes noch der Umgebung verunsichern lassen. Und zweitens müssen Sie ruhig und aufmerksam bei Ihrem Kind bleiben, bis es sich wieder von selbst beruhigt hat. Das wird Ihnen beim ersten "Tobsuchtsanfall" vermutlich noch nicht gelingen, da Kinder die seltsame Angewohnheit haben, ihre Eltern "im dümmsten Moment" und dazu noch "auf dem linken Fuss" zu erwischen. Lassen Sie sich deswegen nicht entmutigen: Kinder sind ausgesprochen geduldig und ausdauernd, das heisst die nächste Gelegenheit zum üben kommt bestimmt! Bereiten Sie sich also gedanklich schon einmal darauf vor, wie Sie beim nächsten Mal reagieren. Das gibt Ihnen die nötige Gelassenheit und irgendwann wird es Ihnen gelingen und Sie werden staunen, wie sehr Ihre Beziehung zum Kind gewonnen hat. Denn das Kind ist darauf angewiesen, dass Sie ihm Grenzen setzen: nur so spürt es, wie weit sein Wille gehen kann und wo es auf den Widerstand seiner Umwelt stösst.

Grenzen trennen nicht nur, sondern sind auch die Stelle, wo sich zwei Menschen berühren. Und genau deshalb sind Grenzen so wichtig für die Beziehungsfähigkeit: Wenn sich zwei Menschen berühren, braucht es Vertrauen. Nur wenn das Kind schon genügend Selbstvertrauen entwickeln konnte, kann es Grenzen respektieren, ohne gleich an sich selbst zu zweifeln zu beginnen. Und umgekehrt können Eltern nur dann Grenzen setzen, wenn sie diese dem Kind auch zumuten können, das heisst das Vertrauen haben, dass das Kind mit ihrem "Nein!" umgehen kann.

Das "Nein!" und das "Ja" bedingen sich also gegenseitig: Nur wer wirklich "Ja" sagen kann, kann auch konsequent "Nein!" sagen. Und wer nur halbherzig "Nein!" sagt, der hat auch nie wirklich "Ja" gesagt. Dieses Fundament für jede Beziehung lernt der Mensch in den ersten viere Jahren. Als Eltern haben Sie deshalb in dieser Zeit die einmalige Chance, dem Kind gute Voraussetzungen zu schaffen, um später fruchtbare und beglückende Beziehungen eingehen können!

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Konträr und komplementär

Diese beiden Prinzipien bedingen einander, das heisst, das Kind kann das einschränkende "Nein!" nur dann akzeptieren, wenn es zuvor das bedingungslose "Ja" erfahren hat. Und Eltern können nur dann wirklich "Ja" sagen, wenn sie auch "Nein!" sagen können! Werden diese beiden Grundprinzipien konsequent angewandt, ist das Kind mit etwa vier Jahren bereits so reif, dass es einerseits seine Persönlichkeit voll ausleben kann und andererseits seine Umwelt genügend respektieren kann. Das Kind ist dann schon selbständig genug, sodass sich die Aufgabe der Eltern mehr und mehr auf eine Art Begleitung beschränken kann. Das zeigt sich insbesondere darin, dass Sie mehr und mehr dem Kind Verantwortung abgeben können.

Dieser an sich komplexe Zusammenhang wird in der Erziehung ganz entscheidend vereinfacht, da Sie sich in den ersten beiden Jahren auf das erste Prinzip ("Ja") konzentrieren können und sich erst in den beiden folgenden Jahren verstärkt mit dem zweiten Prinzip ("Nein") auseinandersetzen müssen. Diese riesige (!) Chance gilt es aber unbedingt zu nutzen, denn danach müssen beide Prinzipien gleichzeitig, das heisst je nach Situation, angewandt werden können. Aus diesem Grund ist denn auch die "Nacherziehung" so schwierig und anspruchsvoll.

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Begleitung statt Erziehung

Wenn Sie nach diesen beiden Grundprinzipien erziehen, werden Sie feststellen, dass das Kind schon nach etwa vier Jahren so reif ist, dass Sie Ihre weitere Erziehungsarbeit auf eine Art Begleitung beschränken können. Sie werden sich darüber freuen, dass das Kind ganz von alleine selbständiger wird. Selbständig werden heisst, dass Sie dem Kind mehr und mehr Freiheiten überlassen können, mit denen es verantwortungsvoll umgehen kann.

Ihre Erziehungsaufgaben sind nach vier Jahren im Wesentlichen erledigt, auch wenn es bis zum Erwachsenwerden noch sehr viel länger dauert. Abgesehen davon schwindet Ihr Einfluss mit dem Eintritt des Kindes in die (Vor)Schule rapide und die Schulen sollten sich ihrerseits auch nicht mehr um die Erziehung kümmern müssen (sondern eben um die Bildung).

Prüfstein für Ihre Erziehungskompetenzen ist regelmässig die Phase der Pubertät. Wenn Sie den Eindruck haben, dass damit "alle Probleme nochmals von vorne beginnen", ist das ein Zeichen dafür, dass in den ersten vier Jahren das Vertrauen zwischen Ihnen und dem Kind und der gegenseitige Respekt nicht genügend ausgebildet wurden. Denn die Pubertät ist auch die Phase der ersten Selbstreflexion - und die sollte der Jugendliche in erster Linie mit sich selbst beziehungsweise mit seinen Freunden und Kameraden bewältigen können, das heisst ohne sich dauernd an den eigenen Eltern reiben zu müssen. Das Verhältnis zu den Eltern sollte nicht mehr ein rein hierarchisches, sondern viel mehr ein partnerschaftliches Verhältnis werden. Das bedeutet vor allem, dass sich der Jugendliche nun ebenso für die Beziehung verantwortlich fühlt, wie die Eltern, während für die Erziehung allein die Eltern verantwortlich waren.

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Ziele der Erziehung

Das Ziel Ihrer Erziehungsarbeit sollte schliesslich sein, dass das erwachsene Kind einerseits selbständig und andererseits beziehungsfähig ist. Dazu braucht es genügend Selbstvertrauen und und einen freien Willen.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

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Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

  1. 1,0 1,1 Die Zeitangaben sind blosse Anhaltspunkte: Massgebend ist, wann das Kind seinen Willen entwickelt (in der Regel etwa im dritten Lebensjahr).

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