Kognitive Fähigkeiten: Unterschied zwischen den Versionen

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#REDIRECT [[Verstand des Kindes]]
<metadesc>In den ersten Jahren folgt das Kind in seinem Handeln vor allem seinem Gespür und vertraut im übrigen dem Verstand der Eltern.</metadesc>
Als kognitive Fähigkeiten werden im {{22}} das Wahrnehmen und Verarbeiten von Informationen sowohl durch Gespür als auch Verstand und die Weiterverarbeitung zu Abstraktionen wie Gedanken, Meinungen, Erkenntnissen, Urteilen, Wissen, Wünschen oder Absichten verstanden. Für die Erziehung ist vor allem von Bedeutung, dass
* das [[Gespür des Kindes]] schon bei der Geburt da ist, während es
* den [[Verstand des Kindes|Verstand]] erst nach und nach entwickelt.
In den [[Phasen der Erziehung|ersten Jahren]] folgt das Kind in seinem Handeln vor allem seinem Gespür und [[Vertrauen des Kindes|vertraut]] im übrigen den Eltern beziehungsweise deren [[Verstand der Eltern|Verstand]]. Erst durch [[Wiederholen|wiederholte]] [[Erfahrungen]] kann es zum Beispiel Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung erkennen und daraus Abstraktionen wie [[Regelmässig|Regelmässigkeiten]] ableiten. Während der [[Willensbildung]] wird es aber bereits zu eigenen Erkenntnissen kommen, die sich nicht mehr unbedingt mit denen der Eltern decken, sodass es plötzlich auch [[Widerstand des Kindes|Widerstand]] leisten wird.
 
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==Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten==
Die Entwicklung des Kindes ist vielleicht etwas vom Faszinierendsten überhaupt, für die Erziehung ist es allerdings völlig unerheblich, wann das Kind welche [[Fähigkeiten]] entfaltet. Entscheidend ist einzig, dass Sie als Eltern [[Aufmerksamkeit der Eltern|aufmerksam]] dafür sind, was Sie ihm wann [[zutrauen]] beziehungsweise [[zumuten]] können. Sie können denn auch auf sämtliche [[Entwicklungstabellen]] verzichten und dafür von Tag zu Tag staunen, wie sich das Kind [[Selbst tun|von alleine]] [[entwickeln|entwickelt]]. Achten Sie aber vor allem während den [[Phasen der Erziehung|ersten Jahren]] auf folgende Punkte:
 
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===Regelmässigkeiten===
Einfache, sich oft wiederholende [[Regelmässig|Regelmässigkeiten]], wie zum Beispiel der Wechsel zwischen Tag und Nacht, verstehen Kinder sehr schnell, zumal wenn die Vorgänge noch mit dem eigenen Erleben, insbesondere dem [[Schlafrhythmus|Schlaf-]] und [[Essrhythmus]], übereinstimmen. Nutzen Sie dieses Verständnis, indem Sie zum Beispiel dem Säugling das Stillen immer mit den gleichen Worten ankündigen. Solche Erklärungen bestätigen das [[Vertrauen des Kindes]] in den Lauf der Dinge und des Lebens. Und irgendwann werden Sie staunen, dass das Kind Ihnen "erklärt", dass jetzt wieder das oder jenes an der Reihe sei, worauf Sie es wieder [[Bestätigung|bestätigen]], sodass es sich über seine Erkenntnis freuen kann. Auf diese Weise entstehen für die Entwicklung wichtige [[Aufwärtsspirale|Aufwärtsspiralen]] (auch "positive Rückkopplungen" genannt).
 
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===Ursache und Wirkung===
Kinder müssen zuerst mehrfach Ursache und Wirkung [[Erfahrungen|erfahren]] können, um den Zusammenhang verstehen zu können. Es bringt deshalb nichts, dem Kind erklären zu wollen, dass es zum Beispiel den Löffel, den es fallen lässt, nich mehr aus eigener Kraft erreichen kann. Das Kind wird ihn mehrmals fallen lassen müssen, bis es den Zusammenhang verstanden hat. Sie sollten es deshalb auch nicht dauernd davor verschonen, dass es sich bei seinen Erfahrungen weh tun kann. Sie können zwar das Kind vor etwas Heissem oder Kaltem warnen, doch muss es den Brei schon mindestens einmal selbst berühren dürfen, um zu verstehen, dass er noch zu heiss ist. [[Zutrauen|Trauen]] Sie ihm deshalb unbedingt [[Bagatellgefahren]] zu, die zwar schmerzhaft sein können, aber keine ernsthafte Verletzungsgefahr darstellen. Kann das Kind solche Zusammenhänge nicht selbst erfahren, kann es nicht [[Lernen des Kindes|lernen]] und die Gefahr ist sehr gross, dass es sich je länger desto mehr auf zu grosse Gefahren einlässt, sobald es sich Ihrer Obhut für einen Augenblick entziehen kann.
 
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===Vergangenheit und Zukunft===
Kinder leben in den ersten Jahren noch voll und ganz im [[Hier und Jetzt]], sie können sich weder die Vergangenheit noch die Zukunft vorstellen, weshalb sie sich denn auch weder für das Gestrige noch das Morgige interessieren. Bedenken Sie, dass dieser Zustand eine wunderbare Gabe ist, nach der viele Erwachsene zum Beispiel in der Meditation suchen. Halten Sie sich deshalb zurück mit Erzählungen aus der Vergangenheit des Kindes oder Ankündigungen von kommenden Ereignissen. Wenn Sie einem Kleinkind zum Beispiel sagen, dass es morgen zur Grossmutter geht, wird es das als unmittelbar folgendes Ereignis verstehen. Es genügt völlig, dass Sie ihm eine halbe Stunde vor dem Verlassen des Hauses sagen, wohin es geht. Das Leben in der Gegenwart ist auch ein entscheidender Faktor bei Themen wie [[Trennung]], [[Fremdbetreuung]] und [[Wiedersehen]]: Wenn Sie weg sind, existieren Sie für das Kind nicht mehr. Es braucht deshalb schon ein gut entwickeltes Vertrauensverhältnis, wenn Ihr Kind Sie einfach soll loslassen können, ansonsten es sich fürchtet, [[Verlassen werden|verlassen zu werden]]. Erst durch vielfache Wiederholung erfährt das Kind, dass es sich darauf [[Verlässlichkeit|verlassen]] kann, dass Sie immer wieder kommen. Zuvor kann es sich unter dem Wiedersehen schlicht nichts vorstellen!
 
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===Abstraktionen===
Kinder leben während den ersten Jahren noch im Konkreten, das heisst, sie können noch nicht von ihrem individuellen Erleben auf allgemeine Regeln schliessen. Das zeigt sich vor allem bei der [[Sprechen lernen|Sprachentwicklung]], wenn das Kind zum Beispiel zwischen "Ich" und "Du" unterscheiden soll, oder später gar das Konzept von "Links" und "Rechts" zu verstehen sucht. Sie brauchen ihm gar nichts zu erklären versuchen, denn alle Ihre Erklärungen sind viel zu abstrakt für das Kind. Wiederholen Sie dafür immer wieder zum Beispiel beim Schuhe anlegen, welches der rechte beziehungsweise linke Fuss ist und [[Bestätigung|bestätigen]] Sie das Kind, wenn es irgendwann selbst die richtige Seite erkannt hat. Später wird es zudem von alleine verstehen, dass "Links" und "Rechts" vom Standpunkt der Betrachtung abhängt. Sprechen Sie in einfachen Worten, verzichten Sie aber auf vermeintliche sprachliche Vereinfachungen wie zum Beispiel die Wir-Form, wenn es um das Kind allein geht ("Jetzt essen wir noch den Brei."). Lassen Sie das Kind einfach durch seine eigene Beobachtung und Nachahmung selbst erfahren, was wann am besten passt.
 
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===Körperlichkeit===
Kinder erleben die Welt zunächst vor allem [[körperlich]], weshalb sie eben tatsächlich "mit den Händen sehen" müssen. Auch die Verlässlichkeit der Eltern müssen sie spüren, indem sie immer wieder mal [[Gehalten werden|in die Arme genommen werden]] wollen. Mündliche Zusicherungen allein genügen ihnen noch nicht. Das gilt gerade auch in der Phase der [[Willensbildung]]: [[Herausforderungen]] und [[Grenzen]] muss das Kind förmlich spüren. Lassen Sie es deshalb zum Beispiel so viel herumklettern, wie es mag, es wird selbst merken, wann es genug ist oder ihm zu gefährlich wird.
 
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===Unmittelbarkeit===
Kinder können zunächst nur das wahrnehmen, was sich in ihrem unmittelbaren Erleben abspielt. Darin liegt denn auch der Grund für den Überraschungseffekt beim [[Verstecken spielen]]: verstecken Sie sich hinter etwas, sind Sie für das Kind ganz weg und es staunt zunächst einmal, dass Sie plötzlich wieder auftauchen. Das Spiel kann denn auch das [[Vertrauensbildung|Vertrauen zu stärken]], indem das Kind immer wieder erlebt, dass es sich auf Ihre Rückkehr und überhaupt auf Sie [[Verlässlichkeit|verlassen]] kann.
 
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===Relativierungen und Differenzierungen===
Für Kinder gibt es in den ersten Jahren bloss "alles oder nichts", "gut oder böse", Grauzonen sind ihnen noch fremd. Dementsprechend sollte Ihre Antwort auch immer [[Ja der Eltern|"Ja"]] oder [[Nein der Eltern|"Nein!"]] lauten, alles andere wäre anfangs eine [[Überforderung des Kindes|Überforderung]]. Erst wenn das Kind [[reif]] genug ist, das heisst zum Beispiel von sich aus [[Regeln]] einhalten kann, können Sie beginnen, mit ihm über die Feinheiten des Zusammenlebens zu sprechen. Dazu gehören insbesondere [[Anstandsregeln]], mit denen das Kind zuvor noch [[Überforderung des Kindes|überfordert]] wäre, beziehungsweise die es bestenfalls mechanisch nachplappert, ohne den geringsten Sinn darin erkennen zu können (abgesehen davon, dass es vielleicht nach jedem "Dankeschön" von Ihnen Zustimmung erhält).
 
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===Sprachverständnis===
[[Sprechen lernen|Sprechen]] Sie mit Ihrem Kind in einfachen Worten und schauen Sie es dabei an. Warten Sie nach jedem Satz und versichern Sie sich, ob das Kind verstanden hat und Ihnen antworten möchte (es braucht dazu anfangs sehr viel länger als Sie!). Die Sprache ist zunächst bloss ein zusätzlicher Kanal der Verständigung, nebst der [[Mimik]] und [[Gestik]]. Für Sie als Eltern mag es eine grosse Erleichterung sein, dass sich das Kind nun "endlich verständlich ausdrücken" kann, für das Kind hingegen ändert sich nicht so viel: es [[Vertrauen des Kindes|vertraute]] schon seit seiner Geburt, dass es verstanden wird!
 
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===Erkennen von (künstlichen) Gefahren===
Kinder haben grundsätzlich schon von Natur aus ein sehr gutes [[Gespür des Kindes|Gespür]] für natürliche [[Gefahren]], hingegen sind sie mit künstlichen Gefahren, wie zum Beispiel dem [[Strassenverkehr]], [[Überforderung des Kindes|überfordert]], können sie doch weder Distanzen noch Geschwindigkeiten nur annähernd richtig einschätzen. Zudem sind künstliche Gefahren meistens versteckt und sind häufig weder durch Lärm noch Gestank zu erkennen. Es ist deshalb entscheidend, dass sich das Kind auf Ihre Warnungen [[Verlässlichkeit|verlassen]] kann. Für dieses [[Vertrauensbildung|Vertrauensverhältnis]] sind Sie als Eltern [[Verantwortung der Eltern|verantwortlich]]. Sagen Sie deshalb zum Beispiel jedes Mal, wenn Sie mit ihm die Strasse queren, auf was Sie genau achten. So wird es mit der Zeit die Regelmässigkeit erkennen und irgendwann seinerseits Ihnen "erklären", wann die Situation sicher ist. Das bedeutet zwar noch lange nicht, dass es die Gefahr richtig einschätzen könnte, es zeigt einzig, dass es sich auf Ihre [[Regeln]] verlässt, was zumindest ein Mindestmass an Sicherheit schafft, wenn es später allein unterwegs ist.
 
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===Humor und Ironie===
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==Verstand und Gespür==
Die anfangs erst nach und nach entwickelten kognitiven Fähigkeiten verleiten Eltern häufig zur Annahme, dass das Kind nicht genügend verstehen würde. Das trifft aber eben nur auf das [[Verstand des Kindes|intellektuelle Verstehen]] zu (also den Verstand), nicht aber auf das [[Gespür des Kindes|gefühlsmässige Verstehen]] (also das Gespür). Zudem ist dieses Ungleichgewicht bei den Eltern gerade umgekehrt, ist doch deren [[Gespür der Eltern|Gespür]] meistens schon ziemlich verkümmert. Gehen Sie deshalb davon aus, dass Ihr Kind mindestens gleich viel versteht wie Sie, einfach auf einem anderen Weg. Sie brauchen bloss darauf zu achten, dass Sie in einfachen Worten sprechen und dass diese Worte auch dem entsprechen, was Sie meinen und fühlen. Denn was das Kind tatsächlich nicht verstehen kann, sind [[Doppelbotschaften]] (die im übrigen auch unter Erwachsenen für Verwirrung sorgen!): Unterscheidet sich der Sinn Ihrer Worte von dem, was Sie denken oder fühlen, wird es sich im Zweifel eher auf sein Gespür verlassen, während Sie in der Folge irrigerweise meinen, das Kind höre Ihnen nicht richtig zu oder es verstehe halt einfach nicht. Bevor sich das Kind mit Worten ausdrücken kann, können Sie es zudem als Chance betrachten, Ihr eigenes [[Gespür der Eltern|Gespür]] gewissermassen zu reaktivieren.
 
Wenn Sie davon ausgehen, dass Ihr Kind grundsätzlich mindestens so viel versteht wie Sie, wird Ihnen klar, weshalb Sie sich davor hüten sollten, in dessen Anwesenheit über es und sein Verhalten zu diskutieren. Es versteht nämlich sehr wohl, um was es dabei geht! Und welcher Erwachsene würde es schon schätzen, dass in seiner Anwesenheit über ihn diskutiert würde? Die [[Metaebene]], also das Gespräch über die Erziehung, sollten Sie deshalb unbedingt und immer in Abwesenheit des Kindes führen.
 
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{{Themen}}
* [[Gespür]]
* [[Verstand]]
* [[Fähigkeiten]]
* [[Sprechen lernen]]
* [[Persönlichkeit]]
 
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{{Vertrauen}}
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Aktuelle Version vom 20. Oktober 2022, 08:51 Uhr

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