Misserfolge

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Zumindest während den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung unterscheidet ein Kind nicht zwischen Erfolg und Misserfolg: Es macht ganz einfach Erfahrungen. Gelingt ihm etwas nicht und ist es allenfalls traurig oder wütend, braucht es Trost beziehungsweise Versöhnung.

Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung sollten Sie allem, was das Kind macht, wohlwollend zustimmen, ganz unabhängig davon, ob das Ergebnis im allgemeinen Verständnis als gelungen oder eben nicht gelungen betrachtet wird.

Erfolge und Misserfolge als Erfahrungen

Kinder wollen von allem Anfang an ihre Fähigkeiten entwickeln. Dabei genügt es ihnen bereits, dass sie mit ihrer noch bescheidenen Kraft und Geschicklichkeit überhaupt etwas bewirken können. Ob zum Beispiel das Glas, welches das Kind zu ergreifen versucht, dabei umfällt oder gar kaputtgeht, ist für das Kind nebensächlich, Hauptsache, es konnte etwas bewirken.

Erst in einem zweiten Schritt hat das Kind auch Ziele, will also das Glas nicht bloss ergreifen, sondern auch noch daraus trinken. Dass ihm das nicht unbedingt auf Anhieb glückt, stört es aber nicht im Geringsten: Es versucht es einfach so lange, bis es klappt. Was aus Sicht von Erwachsenen ein Misserfolg sein mag, ist für das Kind nichts anderes als eine Erfahrung, aus der es lernen kann. Und Kinder haben eine beneidenswerte Ausdauer und Geduld beim Lernen. Eltern müssen deshalb auch einige Missgeschicke tolerieren können. Seien Sie sich dabei bewusst, dass Sie gewissermassen dafür belohnt werden, denn wenn das Kind selbst ausprobieren darf, wie es das Glas am besten hält, wird es umso schneller selbständig!

Ein Kind kann seine Fähigkeiten nur dann entwickeln, wenn es immer wieder selbst ausprobieren darf. Dabei spielt es für das Kind nicht die geringste Rolle, wie oft es Anlauf nehmen muss, ob dabei etwas zu Bruch geht oder der Teppich nass wird. Als Eltern sollten Sie deshalb vor allem eine gewisse Gelassenheit entwickeln können. Ärgern Sie sich nicht über Missgeschicke, sondern ermuntern Sie Ihr Kind immer wieder. Und natürlich geht es einfacher, wenn Sie schon beim Kauf des Teppichs damit rechnen, dass dieser immer wieder mal einen Schluck Tee ertragen muss. Wenn Sie Ihre Wohnung mehr auf die Nutzung durch die Kinder als auf Ihre ästhetischen Bedürfnisse ausrichten, dient das schon mal sehr zur Entspannung! Und Sie werden es überhaupt nicht bereuen, mit den schönen, aber vielleicht heikleren Möbeln ein paar (wenige!) Jahre zugewartet zu haben. Ist das Kind trotzdem mal traurig, weil es etwas schiefgelaufen ist, braucht es von Ihnen Trost, weiter nichts. Kinder können beinahe mit allem Kummer und Schmerz umgehen, wenn sie nur wirklich getröstet werden!

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, werden seine Handlungen sehr viel zielgerichteter. Es geht ihm dann zum Beispiel nicht mehr einfach darum auszuprobieren, was mit den Bauklötzen so alles möglich ist, sondern es will einen Turm bauen oder die Katze bewerfen, um sie in Bewegung zu versetzen: Es sucht und braucht Herausforderungen. Gelingt es ihm nicht diese zu meistern, oder stellen Sie sich seinem Ansinnen entgegen, kann es durchaus auch wütend werden oder gar zu toben beginnen. Es stösst mit seinem Willen an Grenzen, seien es natürliche, seien es solche, die Sie ihm setzen.

Herausforderungen

Kinder brauchen und suchen speziell in dieser Phase Herausforderungen. Kein Baum, keine Mauer ist ihnen zu hoch, um es nicht wenigstens versuchen, hochzuklettern. Lassen Sie Kinder so viel klettern, rennen und raufen, wie sie Lust dazu haben. Je nach Persönlichkeit sucht ein Kind die Herausforderung eher in Geschicklichkeitsübungen oder beim Verstecken spielen. Wichtig ist einzig, dass dabei sein Wille gebraucht wird. Völlig unwichtig ist hingegen, ob es die Herausforderung bewältigt. Entscheidend ist einzig, dass Sie als Eltern nicht werten, also die Anstrengung des Kindes als solche schätzen, ganz gleich, ob sie zum Erfolg führt oder nicht! Wenn es zum Beispiel versucht, einen Baum hochzuklettern und "schon" nach zwei Ästen merkt, dass es nicht mehr weiterkommt, sollten Sie das "trotzdem" anerkennen ("So hoch bist Du gekommen!"). Bedenken Sie, dass Kinder immer alles geben, sich nicht schonen oder "falsche Rücksicht" nehmen. Sie haben schon allein deshalb immer Ihre volle Anerkennung verdient (Belohnungen hingegen sind weder nötig noch sinnvoll)!

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Grenzen

Wenn das Kind an ein Grenzen stösst, wird es diese womöglich nicht einfach so akzeptieren, denn sein frisch erwachter Wille ist absolut und kompromisslos. Es lebt noch sprichwörtlich nach dem Motto "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.". Es muss erst die Erfahrung machen dürfen, dass dieses Motto nicht uneingeschränkt gilt, vor allem, wenn davon noch andere Menschen betroffen sind. Lassen Sie es deshalb ruhig Ihren Widerstand spüren, nehmen Sie dabei in Kauf, dass die Konfrontation für beide Seiten schmerzhaft sein kann, lernen Sie aber, angemessen auf allfälliges Toben zu reagieren. Dazu gehört auch, dass sich das Kind danach wieder mit Ihnen versöhnen kann. So kann es den gerade erlittenen Misserfolg annehmen und beim nächsten Mal versuchen, geschickter vorzugehen. Besonders hilfreich ist, wenn Sie mit dem Kind entsprechende Regeln vereinbaren (zum Beispiel zusammen festlegen, was es mit den Bauklötzen alles darf und was nicht).

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Sozialisation bis Pubertät (etwa 4 bis 16 Jahre)

Durfte das Kind in den beiden ersten, alles entscheidenden Phasen der Erziehung genügend selbst ausprobieren und wurde es bei allfälligen Misserfolgen wirklich getröstet, konnte es entsprechende Frustrationstoleranz aufbauen. Und die wird das Kind spätestens mit dem Schuleintritt benötigen, wenn es zum Beispiel mit Lehrplänen oder Methoden konfrontiert wird, die möglicherweise nicht zu ihm passen (oder gar generell nicht zu Kindern passen). Das Kind sollte nun so reif sein, dass es sich in ein soziales Gefüge integrieren kann, in dem auch Bedürfnisse anderer Kinder berücksichtigt, später auch noch die Anforderungen der Gesellschaft und der Wirtschaft, berücksichtigt werden müssen. Ein besonders gutes Übungsfeld stellt der Sport dar, wo nicht jeder immer gewinnen kann, Jugendliche auch mit Niederlagen umgehen müssen. Das können Kinder nur dann, wenn sie zuvor schon von ihren Eltern erfahren durften, dass sie auch dann angenommen und geschätzt werden, wenn ihnen etwas nicht gelingt.

Besonders viel Frustrationstoleranz brauchen Kinder unter Umständen, wenn es um Schulnoten geht, mit denen ja in der Regel nicht etwa die individuellen Fähigkeiten beurteilt werden, sondern vornehmlich die, welche später in der Gesellschaft das höchste Ansehen geniessen beziehungsweise im Berufsleben am lukrativsten sind. Das kann dazu führen, dass Kinder mit eher handwerklichen denn intellektuellen Begabungen häufiger zu spüren bekommen, sie seien erfolglos. Selbstverständlich können und sollen Sie dem als Eltern aber entgegensteuern, indem Sie im Alltag entsprechende Wertvorstellungen vorleben, also den Klempner genauso schätzen wie die Ärztin.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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