Schmerzen: Unterschied zwischen den Versionen

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<metadesc>PageDescription</metadesc>
<metadesc>Für das Wohlergehen ist nicht etwa entscheidend, dass das Kind möglichst wenig Schmerzen erleidet, sondern dass die Eltern verständnisvoll auf das Leid des Kindes reagieren.</metadesc>
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Schmerzen sind für Kinder eine elementare Erfahrung, war doch schon die [[Geburt]] eine sowohl körperlich als auch seelisch leidvolle Angelegenheit: Die [[Trennung von den Eltern|Trennung]] vom Mutterleib, unter enormem Druck und ständiger Angst vor Atemnot, wird häufig gar als das Trauma überhaupt bezeichnet. Es ist denn eigentlich auch nicht erstaunlich, dass Kinder sehr gut mit Schmerzen umgehen können: Sie schreien solange, bis sie [[Trost|getröstet]] und [[Beruhigen|beruhigt]] werden – um dann sofort scheinbar wieder alles vergessen zu haben und glücklich weiterleben zu können. Eine unglaublich grossartige Gabe!
Schmerz ist immer eine Reaktion auf etwas, das dem Menschen nicht gut tut. Er zeigt ihm an, dass er etwas ändern muss. Kinder können damit sehr gut umgehen: Sie schreien einfach so lange, bis ihre Eltern reagieren. Sobald die Ursache für den Schmerz weg ist und sie genügend [[Trost|getröstet]] sind, haben danach gleich alles vergessen und sind wieder glücklich.


Für Sie als Eltern sieht das Ganze natürlich etwas anders aus: Die Schmerzen Ihrer Kinder tun Ihnen selbst fast noch mehr weh. Das ist zwar ganz normal, da Sie das Kind ja auf eine gewisse Art und Weise als Teil Ihrer selbst empfinden. Bloss hilft es dem Kind meist wenig, wenn Sie wegen seiner Schmerzen selbst zu einem Häufchen Elend werden und ihm so kaum mehr beistehen können! Gefragt ist also eine gewisse [[Gelassenheit]], sodass Sie das Kind in Ruhe [[Gehalten werden|in die Arme nehmen]] können (so es das denn überhaupt verlangt!) und es [[Trost|trösten]] können. Wobei trösten in erster Linie [[Gehalten werden|Halten]] und [[Warten der Eltern|warten]] und heisst!
Anders sieht es meistens für Erwachsene aus, die allzu gerne bloss die Symptome (also die Schmerzen) bekämpfen, sei es durch Schmerzmittel, sei es durch Ablenkung, statt den Ursachen auf den Grund zu gehen. Eltern müssen deshalb häufig [[Lernen der Eltern|lernen]], mit den Schmerzen ihres Kindes umgehen zu können. Denn für das Wohlergehen ist nicht etwa entscheidend, dass das Kind möglichst wenig Schmerzen erleidet, sondern dass die Eltern verständnisvoll auf das Leid des Kindes reagieren, sodass dieses aus den Schmerzen [[Lernen des Kindes|lernen]] kann.  


Warten Sie also, bis sich das Kind [[ausweinen]] konnte und lassen Sie es danach (!) erzählen, wo es weh tut und vielleicht noch, wie es überhaupt zum Unglück gekommen ist. Ihre [[Erklären|Erklärungen]], wie es zum Schmerz gekommen ist, sind hingegen gänzlich unnötig, ganz zu schweigen von [[Vorwerfen|Vorwürfen]] oder gar [[Spotten|Spott]] über das [[Missgeschicke|Missgeschick]], das den Schmerz verursachte! Wenn ein Kind leidet, will es einfach getröstet werden und sich nicht noch anhören müssen, dass doch alles ganz harmlos (oder ganz schrecklich) sei. Das würde alles bloss noch schlimmer machen.
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Kinder erleben laufend schmerzhafte Dinge, vom angeschlagenen Fuss über den Verlust des Luftballons bis zur Katze, die immer gerade dann davonrennt, wenn sie doch zum gestreichelt werden herhalten sollte. [[Zumuten|Muten]] Sie dem Kind solche Schmerzen zu! Es kann damit bestens umgehen - jedenfalls solange es von der Eltern getröstet und nicht etwa für seine Missgeschicke [[Tadeln|getadelt]] wird! Versuchen Sie also keineswegs, dem Kind Schmerzen zu ersparen, indem Sie ihm zum Beispiel bei jedem Verlust gleich einen [[Ersatz]] besorgen. Das würde bloss seine [[Frustrationstoleranz]] vermindern und irgendwann sogar an seinem [[Selbstvertrauen]] nagen. Kinder wollen von Ihnen einzig [[Bestätigung|bestätigt]] wissen, dass sie immer noch geliebt werden, auch wenn ihnen etwas nicht gelungen ist oder sie etwas nicht erreicht haben.
==Förderliche Reaktionen==
===Trost===
Kinder erleben gerade in den [[Phasen der Erziehung|ersten, entscheidenden Jahren]] laufend schmerzhafte Dinge: vom angeschlagenen Fuss über den Verlust des geplatzten Luftballons bis zur Katze, die immer gerade dann davonrennt, wenn das Kind sie streicheln möchte. [[Zutrauen|Trauen]] Sie dem Kind solche Schmerzen zu! Es kann damit bestens umgehen - jedenfalls solange es von der Eltern wirklich [[Trost|getröstet]] wird!  


Bedenken Sie schliesslich, dass Schmerzen auch die besten Lehrmeister sind: Ein Kind, das sich den Kopf an der Tischkante anschlägt, hat damit automatisch [[Lernen des Kindes|gelernt]], dass es künftig vorsichtiger um den Tisch rennen muss. Wenn Sie hingegen dauernd Ihre schützende Hand dazwischen halten, kann es diese [[Erfahrungen|Erfahrung]] nicht machen und also auch nichts lernen! Das heisst, dass es die Erfahrung später machen muss, wenn es ihm endlich gelungen ist, sich ausserhalb der Reichweite Ihrer Hände zu bewegen. Dann ist es aber bereits grösser und kräftiger, sodass seine Missgeschicke ebenfalls massivere Auswirkungen haben, sprich auch zu Verletzungen führen können. Lassen Sie also die Kinder, wenn sie noch klein und rundum gut „mit Buschispeck gepolstert“ sind, ausprobieren, welche [[Risiken]] sie eingehen können und wann es besser ist vorsichtig zu sein.
Wirklicher Trost bedeutet, dass Sie das Kind [[Ruhe der Eltern|ruhig]] [[Gehalten werden|halten]] und [[Warten der Eltern|warten]], bis es [[Weinen |ausgeweint]] hat. Lassen Sie es danach erzählen, wo es weh tut und vielleicht noch, wie es überhaupt zum Unglück gekommen ist. Halten Sie sich aber zurück mit gut gemeinten [[Erklären|Erklärungen]]. Das Kind hat nämlich bereits selbst den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Schmerzen erfahren, mehr braucht es in der Regel nicht. Sie könnten es aber zum Beispiel fragen, ob es über die Türschwelle gestolpert sei (statt ihm zu vorzuhalten, dass es zu schnell gelaufen sei). Seien Sie sich immer bewusst, dass Trost ein [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnis des Kindes]] ist, es kann also nie die Frage sein, ob das Kind etwa "selbst schuld" sei. Diese Frage ist völlig irrelevant!
 
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===Mitgefühl===
Schmerzen der eigenen Kinder mögen sich für Eltern schlimmer anfühlen als eigene. Allerdings sollten Eltern gerade in solchen Situationen zwischen den eigenen Gefühlen und jenen des Kindes unterscheiden lernen. Denn [[Mitgefühl]] bedeutet nicht etwa, das gleiche wie der andere zu fühlen, sondern [[Aufmerksamkeit der Eltern|aufmerksam]] zu bleiben und dabei die eigenen (!) [[Gefühle]] wahrzunehmen. Zumal es eine Illusion ist, Gefühle des anderen wahrnehmen zu können: Sie können einzig die [[Emotionen]] wie zum Beispiel Schreien oder Weinen Ihres Kindes wahrnehmen, nicht aber das Gefühl, das der Emotion zugrunde liegt. Das Gefühl können Sie bloss erahnen. Ein Kind schreit zum Beispiel nicht zwingend, weil es Schmerzen hat, sondern möglicherweise aus Wut oder Trauer.
 
Mitgefühl zeigen Sie dem Kind, indem Sie es nach seinen Gefühlen fragen ("Bist Du traurig?"), statt einfach davon auszugehen, Sie wüssten schon, um was es geht. Natürlich kennen Sie Ihr Kind sehr gut. Und wenn es zum Beispiel hingefallen ist und schreit, können Sie auch etwas konkreter fragen ("Wo tut es Dir weh?"). Lassen Sie sich aber Zeit und versuchen Sie zunächst, Ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen (vielleicht sind Sie ja auch verärgert, weil sich das Kind nur deshalb weh getan, weil es nicht Ihrem Rat gefolgt ist). Dadurch geben Sie auch dem Kind Zeit, sodass es sich beruhigen kann. Diese Ruhe, im besten Fall sogar [[Gelassenheit]], bestätigt das Kind in seinem Vertrauen in die Eltern, dass es immer "gut kommt", so gross der Schmerz auch sein mag.
 
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==Hinderliche Reaktionen==
===Mitleid===
Mitgefühl wird häufig mit [[Mitleid]] verwechselt. Während Mitgefühl bedeutet, dass Sie Ihre eigenen Gefühle wahrnehmen, heisst Mitleid, dass Sie ebenso sehr leiden, wie das Kind selbst. Das ist zwar zunächst einmal nachvollziehbar, da Sie das Kind, gerade wenn es noch klein ist, schon fast als Teil Ihrer selbst empfinden. Bloss hilft es dem Kind meist wenig, wenn Sie wegen seiner Schmerzen selbst zu einem Häufchen Elend werden und ihm so kaum mehr beistehen können! Gefragt ist also eine gewisse [[Gelassenheit]], sodass Sie das Kind in Ruhe [[Gehalten werden|in die Arme nehmen]] und ihm die Gewissheit geben können, dass Sie die Kraft haben, um ihm helfen zu können. Denken Sie daran, dass das Kind Ihnen von Natur aus [[Vertrauen des Kindes|vertraut]]. Das fordert von Ihnen eine gewisse Standhaftigkeit. Sie können das zum Beispiel mit einem Sanitäter vergleichen, der Ihnen im Notfall hilft: Sie erwarten von ihm auch, dass er ruhig bleibt und rational handelt, und nicht etwa in Hysterie ausbricht.
 
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===Vertrösten===
Ebenso [[kontraproduktiv]] ist es, wenn Eltern versuchen, die Schmerzen des Kindes sozusagen zu betäuben, indem sie ihm sogleich einen [[Vertrösten|Ersatz]] für den erlittenen Verlust und den damit verbundenen Schmerz anbieten. Wenn dem Kind zum Beispiel der Luftballon platzt, dürfen, ja sollen Sie das Kind diesen Schmerz ruhig [[Erfahrungen|erfahren]] lassen. Wenn Sie ihm sofort einen neuen versprechen, weil Sie sein [[Schreien]] nicht aushalten können, nehmen Sie ihm eine wichtige Erfahrung. Viel wichtiger wäre es, dem Kind wirklichen [[Trost]] zu geben. Kinder wollen von Ihnen einzig [[Bestätigung|bestätigt]] wissen, dass sie immer noch geliebt werden, auch wenn ihnen ein Missgeschick widerfahren ist. Das stärkt die [[Frustrationstoleranz]].
 
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===Schreien lassen===
Vereinzelt glauben Eltern immer noch, dass man ein Kind einfach solange [[schreien]] lassen soll, bis es damit aufhört. Abgesehen davon, dass das sehr lange dauern kann und auch von "abgehärteten" Eltern kaum auszuhalten ist, ist die Methode höchst [[kontraproduktiv]]. Denn Kinder können sich zumindest in den [[Phasen der Erziehung|ersten, entscheidenden Jahren]] noch nicht selbst helfen, sondern sie [[resignieren]] einfach irgendwann. Wenn ein Kind immer wieder resigniert, verliert es das [[Vertrauen des Kindes|Vertrauen]] in seine Eltern und überhaupt in das Leben, es bleibt ihm dann bloss noch die Hoffnung, dass ihm anderweitig geholfen wird. Damit steigt wiederum die Gefahr, dass es nach [[Vertrösten|Ersatzbefriedigung]] verlangt, oder später gar [[Sucht|süchtig]] wird.
 
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===Erklärungen, Vorwürfe, Spott===
Ihre [[Erklären|Erklärungen]], wie es zum Schmerz gekommen ist, sind gänzlich unnötig, ganz zu schweigen von [[Vorwürfe der Eltern|Vorwürfen]] oder gar [[Spotten|Spott]] über das [[Missgeschicke|Missgeschick]], das den Schmerz verursachte. Wenn ein Kind leidet, will es einfach [[Trost|getröstet]] werden. Trost ist ein [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnis]], das heisst das Kind hat ohne Wenn und Aber Anrecht darauf. Das gilt auch dann, wenn es für seine Schmerzen "selbst schuld" ist, weil es sich zum Beispiel trotz Ihrer Warnung am Feuer verbrannt hat. Trösten Sie das Kind also immer und so lange, bis es sich wirklich beruhigen konnte. Erst dann können Sie mit ihm wieder besprechen, wie es zum Unglück kam. Halten Sie sich aber zurück und fragen Sie es zum Beispiel zuerst, ob es wisse, was geschehen sei. Meistens braucht es nämlich gar nicht viele Erklärungen Ihrerseits, da das Kind den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Folgen ja eben gerade [[Erfahrungen|erfahren]] hat.
 
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===Verharmlosung===
Aber auch [[Verharmlosen|Verharmlosungen]] wie "Das ist doch nicht so schlimm" sind für das Kind weniger tröstlich als vielmehr ein Zeichen, dass es von seinen eigenen Eltern nicht [[Ernst nehmen|ernst genommen]] wird. Gehen Sie immer davon aus, dass es wirklich schlimm ist, wenn ein Kind [[Schreien|schreit]]. Kinder verfolgen zumindest in den [[Phasen der Erziehung|ersten, alles entscheidenden Jahren]] weder irgendwelche Absichten noch wollen sie ihre Eltern mit ihrem Verhalten manipulieren (falls Sie einen derartigen Verdacht hegen, sollten Sie sich vielmehr Gedanken über Ihre eigene Tendenz zur [[Manipulierende Eltern|Manipulation]] machen!).
 
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==Schmerzen und Lernen==
Es mag hart tönen, doch Schmerzen sind auch eine Art Lehrmeister: Ein Kind, das sich den Kopf an der Tischkante anschlägt, hat damit automatisch [[Lernen des Kindes|gelernt]], dass es künftig vorsichtiger um den Tisch rennen muss. Wenn Sie hingegen dauernd Ihre schützende Hand dazwischen halten, kann es diese [[Erfahrungen|Erfahrung]] nicht machen und eben auch nichts lernen. Das kann höchst [[kontraproduktiv]] sein, da es die Erfahrung einfach später machen muss, wenn es ihm endlich gelungen ist, sich ausserhalb der Reichweite Ihrer schützenden Hände zu bewegen. Dann ist es aber bereits grösser und kräftiger, sodass seine Missgeschicke ebenfalls massivere Auswirkungen haben, sprich auch zu tatsächlichen Verletzungen führen können. Lassen Sie also die Kinder, wenn sie noch klein und rundum gut „gepolstert“ sind, ausprobieren, welche [[Gefahren]] sie eingehen können und wann es besser ist vorsichtig zu sein. Denn viel wichtiger als Schmerzen zu vermeiden, ist wirklicher [[Trost]]! Wenn das Kind den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und dessen Folgen auf eine positive Art erfahren kann, wird es zudem mehr und mehr [[Verantwortung des Kindes|Verantwortung]] für sein Tun und Lassen übernehmen können.
 
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{{Themen}}
{{Themen}}
* [[xy]]
* [[Trost]]
* [[xy]]
* [[Erfahrungen]]
* [[xy]]
* [[Lernen des Kindes|Lernen]]
* [[xy]]
* [[Gefühle]]
* [[xy]]
* [[Gefahren]]
 
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{{Vertrauen}}
{{Vertrauen}}
 
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Aktuelle Version vom 29. April 2022, 12:35 Uhr



ARTIKEL IM AUFBAU / IN ÜBERARBEITUNG!




Schmerz ist immer eine Reaktion auf etwas, das dem Menschen nicht gut tut. Er zeigt ihm an, dass er etwas ändern muss. Kinder können damit sehr gut umgehen: Sie schreien einfach so lange, bis ihre Eltern reagieren. Sobald die Ursache für den Schmerz weg ist und sie genügend getröstet sind, haben danach gleich alles vergessen und sind wieder glücklich.

Anders sieht es meistens für Erwachsene aus, die allzu gerne bloss die Symptome (also die Schmerzen) bekämpfen, sei es durch Schmerzmittel, sei es durch Ablenkung, statt den Ursachen auf den Grund zu gehen. Eltern müssen deshalb häufig lernen, mit den Schmerzen ihres Kindes umgehen zu können. Denn für das Wohlergehen ist nicht etwa entscheidend, dass das Kind möglichst wenig Schmerzen erleidet, sondern dass die Eltern verständnisvoll auf das Leid des Kindes reagieren, sodass dieses aus den Schmerzen lernen kann.

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Förderliche Reaktionen

Trost

Kinder erleben gerade in den ersten, entscheidenden Jahren laufend schmerzhafte Dinge: vom angeschlagenen Fuss über den Verlust des geplatzten Luftballons bis zur Katze, die immer gerade dann davonrennt, wenn das Kind sie streicheln möchte. Trauen Sie dem Kind solche Schmerzen zu! Es kann damit bestens umgehen - jedenfalls solange es von der Eltern wirklich getröstet wird!

Wirklicher Trost bedeutet, dass Sie das Kind ruhig halten und warten, bis es ausgeweint hat. Lassen Sie es danach erzählen, wo es weh tut und vielleicht noch, wie es überhaupt zum Unglück gekommen ist. Halten Sie sich aber zurück mit gut gemeinten Erklärungen. Das Kind hat nämlich bereits selbst den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Schmerzen erfahren, mehr braucht es in der Regel nicht. Sie könnten es aber zum Beispiel fragen, ob es über die Türschwelle gestolpert sei (statt ihm zu vorzuhalten, dass es zu schnell gelaufen sei). Seien Sie sich immer bewusst, dass Trost ein Grundbedürfnis des Kindes ist, es kann also nie die Frage sein, ob das Kind etwa "selbst schuld" sei. Diese Frage ist völlig irrelevant!

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Mitgefühl

Schmerzen der eigenen Kinder mögen sich für Eltern schlimmer anfühlen als eigene. Allerdings sollten Eltern gerade in solchen Situationen zwischen den eigenen Gefühlen und jenen des Kindes unterscheiden lernen. Denn Mitgefühl bedeutet nicht etwa, das gleiche wie der andere zu fühlen, sondern aufmerksam zu bleiben und dabei die eigenen (!) Gefühle wahrzunehmen. Zumal es eine Illusion ist, Gefühle des anderen wahrnehmen zu können: Sie können einzig die Emotionen wie zum Beispiel Schreien oder Weinen Ihres Kindes wahrnehmen, nicht aber das Gefühl, das der Emotion zugrunde liegt. Das Gefühl können Sie bloss erahnen. Ein Kind schreit zum Beispiel nicht zwingend, weil es Schmerzen hat, sondern möglicherweise aus Wut oder Trauer.

Mitgefühl zeigen Sie dem Kind, indem Sie es nach seinen Gefühlen fragen ("Bist Du traurig?"), statt einfach davon auszugehen, Sie wüssten schon, um was es geht. Natürlich kennen Sie Ihr Kind sehr gut. Und wenn es zum Beispiel hingefallen ist und schreit, können Sie auch etwas konkreter fragen ("Wo tut es Dir weh?"). Lassen Sie sich aber Zeit und versuchen Sie zunächst, Ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen (vielleicht sind Sie ja auch verärgert, weil sich das Kind nur deshalb weh getan, weil es nicht Ihrem Rat gefolgt ist). Dadurch geben Sie auch dem Kind Zeit, sodass es sich beruhigen kann. Diese Ruhe, im besten Fall sogar Gelassenheit, bestätigt das Kind in seinem Vertrauen in die Eltern, dass es immer "gut kommt", so gross der Schmerz auch sein mag.

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Hinderliche Reaktionen

Mitleid

Mitgefühl wird häufig mit Mitleid verwechselt. Während Mitgefühl bedeutet, dass Sie Ihre eigenen Gefühle wahrnehmen, heisst Mitleid, dass Sie ebenso sehr leiden, wie das Kind selbst. Das ist zwar zunächst einmal nachvollziehbar, da Sie das Kind, gerade wenn es noch klein ist, schon fast als Teil Ihrer selbst empfinden. Bloss hilft es dem Kind meist wenig, wenn Sie wegen seiner Schmerzen selbst zu einem Häufchen Elend werden und ihm so kaum mehr beistehen können! Gefragt ist also eine gewisse Gelassenheit, sodass Sie das Kind in Ruhe in die Arme nehmen und ihm die Gewissheit geben können, dass Sie die Kraft haben, um ihm helfen zu können. Denken Sie daran, dass das Kind Ihnen von Natur aus vertraut. Das fordert von Ihnen eine gewisse Standhaftigkeit. Sie können das zum Beispiel mit einem Sanitäter vergleichen, der Ihnen im Notfall hilft: Sie erwarten von ihm auch, dass er ruhig bleibt und rational handelt, und nicht etwa in Hysterie ausbricht.

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Vertrösten

Ebenso kontraproduktiv ist es, wenn Eltern versuchen, die Schmerzen des Kindes sozusagen zu betäuben, indem sie ihm sogleich einen Ersatz für den erlittenen Verlust und den damit verbundenen Schmerz anbieten. Wenn dem Kind zum Beispiel der Luftballon platzt, dürfen, ja sollen Sie das Kind diesen Schmerz ruhig erfahren lassen. Wenn Sie ihm sofort einen neuen versprechen, weil Sie sein Schreien nicht aushalten können, nehmen Sie ihm eine wichtige Erfahrung. Viel wichtiger wäre es, dem Kind wirklichen Trost zu geben. Kinder wollen von Ihnen einzig bestätigt wissen, dass sie immer noch geliebt werden, auch wenn ihnen ein Missgeschick widerfahren ist. Das stärkt die Frustrationstoleranz.

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Schreien lassen

Vereinzelt glauben Eltern immer noch, dass man ein Kind einfach solange schreien lassen soll, bis es damit aufhört. Abgesehen davon, dass das sehr lange dauern kann und auch von "abgehärteten" Eltern kaum auszuhalten ist, ist die Methode höchst kontraproduktiv. Denn Kinder können sich zumindest in den ersten, entscheidenden Jahren noch nicht selbst helfen, sondern sie resignieren einfach irgendwann. Wenn ein Kind immer wieder resigniert, verliert es das Vertrauen in seine Eltern und überhaupt in das Leben, es bleibt ihm dann bloss noch die Hoffnung, dass ihm anderweitig geholfen wird. Damit steigt wiederum die Gefahr, dass es nach Ersatzbefriedigung verlangt, oder später gar süchtig wird.

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Erklärungen, Vorwürfe, Spott

Ihre Erklärungen, wie es zum Schmerz gekommen ist, sind gänzlich unnötig, ganz zu schweigen von Vorwürfen oder gar Spott über das Missgeschick, das den Schmerz verursachte. Wenn ein Kind leidet, will es einfach getröstet werden. Trost ist ein Grundbedürfnis, das heisst das Kind hat ohne Wenn und Aber Anrecht darauf. Das gilt auch dann, wenn es für seine Schmerzen "selbst schuld" ist, weil es sich zum Beispiel trotz Ihrer Warnung am Feuer verbrannt hat. Trösten Sie das Kind also immer und so lange, bis es sich wirklich beruhigen konnte. Erst dann können Sie mit ihm wieder besprechen, wie es zum Unglück kam. Halten Sie sich aber zurück und fragen Sie es zum Beispiel zuerst, ob es wisse, was geschehen sei. Meistens braucht es nämlich gar nicht viele Erklärungen Ihrerseits, da das Kind den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und den Folgen ja eben gerade erfahren hat.

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Verharmlosung

Aber auch Verharmlosungen wie "Das ist doch nicht so schlimm" sind für das Kind weniger tröstlich als vielmehr ein Zeichen, dass es von seinen eigenen Eltern nicht ernst genommen wird. Gehen Sie immer davon aus, dass es wirklich schlimm ist, wenn ein Kind schreit. Kinder verfolgen zumindest in den ersten, alles entscheidenden Jahren weder irgendwelche Absichten noch wollen sie ihre Eltern mit ihrem Verhalten manipulieren (falls Sie einen derartigen Verdacht hegen, sollten Sie sich vielmehr Gedanken über Ihre eigene Tendenz zur Manipulation machen!).

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Schmerzen und Lernen

Es mag hart tönen, doch Schmerzen sind auch eine Art Lehrmeister: Ein Kind, das sich den Kopf an der Tischkante anschlägt, hat damit automatisch gelernt, dass es künftig vorsichtiger um den Tisch rennen muss. Wenn Sie hingegen dauernd Ihre schützende Hand dazwischen halten, kann es diese Erfahrung nicht machen und eben auch nichts lernen. Das kann höchst kontraproduktiv sein, da es die Erfahrung einfach später machen muss, wenn es ihm endlich gelungen ist, sich ausserhalb der Reichweite Ihrer schützenden Hände zu bewegen. Dann ist es aber bereits grösser und kräftiger, sodass seine Missgeschicke ebenfalls massivere Auswirkungen haben, sprich auch zu tatsächlichen Verletzungen führen können. Lassen Sie also die Kinder, wenn sie noch klein und rundum gut „gepolstert“ sind, ausprobieren, welche Gefahren sie eingehen können und wann es besser ist vorsichtig zu sein. Denn viel wichtiger als Schmerzen zu vermeiden, ist wirklicher Trost! Wenn das Kind den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und dessen Folgen auf eine positive Art erfahren kann, wird es zudem mehr und mehr Verantwortung für sein Tun und Lassen übernehmen können.

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Vertrauensbildung (erstes Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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