Wegsperren

Aus 2 x 2 der Erziehung
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Ein Kind wegzusperren ist immer ein Gewaltmissbrauch und deshalb ein absolut kontraproduktives Mittel, wie ganz allgemein Strafen. Wenn ein Kind eine Grenze überschreitet oder Regeln verletzt, müssen Sie Widerstand leisten, aber ohne Gewalt anzuwenden.

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Vertrauensbildung (bis etwa 2 Jahre)

Während der Phase der Vertrauensbildung kommen Eltern zwar kaum auf die Idee, ihr Kind wegzusperren. Allerdings "genügt" es auch, das Kind zum Beispiel einfach in seinem Bett, aus dem es nicht selbst aussteigen kann, schreien zu lassen: Es wird sich von den Eltern ebenso verlassen fühlen und es hat keinerlei Chance, sich zu wehren, was für ein Kind so ziemlich das schlimmste erdenkliche Erlebnis ist!

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Willensbildung (etwa 2 bis 4 Jahre)

Wenn das Kind beginnt seinen Willen zu entwickeln, in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, beginnt es, häufig unvermittelt und aus dem Nichts, Widerstand gegenüber den Ideen und Vorschlägen der Eltern zu leisten. Solche Konfrontationen kommen für viele Eltern derart überraschend und heftig, dass sie häufig geradezu hilflos reagieren und das Kind eben wegsperren wollen, meistens weniger als Strafe als mehr in der Hoffnung, dass es so "wieder zur Vernunft kommen" würde. Dabei vergessen sie zunächst, dass das Kind gerade daran ist, nebst dem Selbstvertrauen seine wichtigste Kraft für das Leben überhaupt, nämlich seinen Willen, zu entwickeln. Dafür braucht es den Kontakt mit seinen Eltern, statt Liebesentzug. Es liegt deshalb in der Verantwortung der Eltern mit Konfrontationen umgehen zu lernen:

Angemessene Reaktion

Wenn das Kind zum Beispiel immer wieder das kleine Geschwister schikaniert und Sie "genug" haben, dann müssen Sie das zunächst dem Kind laut und deutlich und im Klartext sagen, das heisst mit einem "Nein!" (oder auch "Stop!"), das so überzeugend daherkommt, dass es keinen Widerspruch mehr zulässt. Möglicherweise müssen Sie das Kind sogar richtig anschreien oder sich ihm in den Weg stellen, sodass es aufhört. Entscheidend ist, dass Sie von Ihrer Haltung derart überzeugt sind, dass ein einziges "Nein!" genügt. Hingegen braucht es überhaupt keine Gewalt, Sie dürfen das Kind also weder festhalten noch Schläge androhen. Schauen Sie ihm dafür in die Augen und warten Sie seine Reaktion ab. Möglicherweise wird es erschrocken sein und muss zuerst einmal "leer schlucken". Das macht gar nichts, ganz im Gegenteil, Sie müssen gerade beim ersten Mal lieber zu heftig als zu schwach reagieren. Dann - und erst dann - können Sie ihm in aller Ruhe erklären, was geschehen ist und weshalb Sie das nicht dulden ("Du hättest es auch nicht gerne, wenn man Dich dauernd herumstösst!").

Wenn Sie das Kind derart konfrontieren ist es natürlich gut möglich, dass das Kind zu toben beginnt und Sie lernen müssen, auf das Toben angemessen zu reagieren. Unter Umständen werden Sie das einige Male durchmachen müssen. Je konsequenter und überzeugender Ihr Widerstand ist, desto schneller kann das Kind lernen, mit seinem Willen respektvoll umzugehen. Zudem ist es wichtig, dass Sie mit dem Kind zusammen Regeln vereinbaren. Fragen Sie es zum Beispiel, in welchen Situationen es sich nicht anders zu helfen weiss, als sein Geschwister herumzustossen und suchen Sie mit ihm nach Alternativen. Sie könnten ihm zum Beispiel als Regel vorschlagen, dass es Sie immer dann ruft, wenn es der Meinung ist, das jüngere Geschwister stehe ihm im Weg. Dann müssen Sie sich bloss noch versichern, dass es die Regel auch verstanden und akzeptiert hat (noch besser ist natürlich, wenn es von Ihnen aufgefordert wurde, selbst eine Regel vorzuschlagen).

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"Auszeit"

Neuerdings ist das Mittel der Auszeit in Mode gekommen, in der Meinung, dass das eine Art kultivierte Form des Wegsperrens sei. Dabei wird vom tobenden Kind verlangt, dass es sich mehr oder weniger freiwillig an einen bestimmten Ort (meistens sein Zimmer) entfernt und sich selbst beruhigen soll, sodass es danach wieder "vernünftig" zurückkommen darf. Dabei wird zwar zumindest keine körperliche Gewalt angewandt, doch wird von ihm etwas verlangt, was es in diesem Alter noch gar nicht kann: Es soll mit seinem ungestümen Willen oder seiner Wut allein klarkommen. Damit ist ein Kind aber noch völlig überfordert. Ein tobendes Kind braucht zwingend Ihre Hilfe, indem Sie ihm wortwörtlich beistehen und mit ihm in Kontakt bleiben, es also nicht verlassen, sondern ihm auch in dieser schwierigen Situation zeigen, dass man Konflikte haben darf, diese zusammen lösen kann, und vor allem: dass Sie es "trotzdem" lieben!

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Mögliche Folgen

Von den eigenen Eltern weggesperrt zu werden, ist sozusagen die Höchststrafe, die einem Kind widerfahren kann. Es wird sich einsam und verlassen fühlen, gewissermassen um sein natürliches und fundamentales Recht der elterlichen Fürsorge betrogen. Auch wenn das Wegsperren "nur" für kurz Zeit ist, sollten Sie sich bewusst sein, dass Kinder in den ersten Jahren noch weitgehend im Hier und Jetzt leben, sodass es zunächst immer um eine existenzielle Situation geht. Kinder reagieren in solchen Situation je nach ihrer Persönlichkeit verschieden: Während das eine zum Beispiel resigniert, fasst das andere den Entschluss, sich an den Eltern zu rächen, sobald es genügend kräftig und geschickt dazu ist. In jedem Fall wird sein Wille gebrochen, wenn es die Strafe immer wieder erfahren muss. Damit kann zwar vielleicht Gehorsam erreicht werden, doch wäre das ziemlich genau das Gegenteil des Ziels der Erziehung: Selbständigkeit und Beziehungsfähigkeit!

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Weiterführende Themen

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Übergeordnetes Thema

Willensbildung (zweite Phase der Erziehung)

Fragen und Feedback

Das "Zweimalzwei der Erziehung" ist zum Teil noch im Aufbau. Allfällige Fragen oder Feedback sind willkommen: Email

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