Wut: Unterschied zwischen den Versionen

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Wut ist, nebst Freude, Angst und Trauer, eines der vier [[Grundgefühle]], das heisst ein elementares, reines und von Geburt an vorhandenes Gefühl. Kinder werden vor allem dann wütend, wenn sich jemand oder etwas ihrem [[Wille|Willen]] entgegenstellt. Das ist grundsätzlich ein Zeichen ihrer gesunden Entwicklung. Entscheidend ist aber, wie die Eltern darauf reagieren. Wut zeigt dem Menschen, dass er sich für etwas Wichtiges einsetzt (so wie zum Beispiel Angst vor Gefahren warnt).
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Während der Phase der [[Vertrauensbildung]], also noch bevor das Kind seinen eigentlichen Willen zu entwickeln beginnt, hat das Kind bereits einen [[Lebenswille|Lebenswillen]], der auf sein nacktes Überleben ausgerichtet ist. In dieser Zeit hat das Kind ausschliesslich [[Grundbedürfnisse des Kindes|Grundbedürfnisse]], also solche, die von den Eltern möglichst immer und sofort befriedigt werden sollten (im Gegensatz zum Beispiel zu Wünschen, deren Erfüllung auch warten kann, die es aber erst später entwickelt). Wird einem [[Schreiendes Kleinkind|schreienden Kind]] nicht schnell genug geholfen, kann es schnell wütend werden. Es zeigt damit, dass ihm etwas Elementares fehlt, sei es Nahrung, sei es gehalten werden. Kinder kommen mit einem vollkommen [[Vertrauen des Kindes|Vertrauen]] in die Welt, dass ihre Eltern ihnen immer und sofort helfen, wenn sie danach verlangen. Dieses Vertrauen muss gewissermassen von den Eltern bestätigt werden, indem Sie dem Kind Ihrerseits [[Vertrauen der Eltern|vertrauen]], dass es in dieser Phase ausschliesslich Grundbedürfnisse hat, Sie also weder manipulieren will noch sonst eine schlechte Absicht hat. Nur wenn das Kind in seinem Vertrauen in das Leben bestätigt wird, kann es entsprechendes [[Selbstvertrauen]] entwickeln.
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Wenn das Kind beginnt, seinen [[Willensbildung|Willen zu entwickeln]], in der Regel etwa im dritten Lebensjahr, übersteigt diese Kraft bei weitem das, was es zum nackten Überleben braucht. Es will nun etwas bewirken und sich entfalten. Und es spürt auf einmal, was es alles erreichen kann, wenn es bloss will. Dabei wird es anfangs immer auf's Ganze gehen, kompromisslos und ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn das Kind zum Beispiel die Banane will, wird es diese mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung steht, halten und gegen jeden Angriff oder wohl gemeinten Rat verteidigen. Wenn Sie sich dem entgegenstellen, wird es mit grosser Wahrscheinlichkeit wütend. Das ist ein Zeichen seiner gesunden Entwicklung: Mit Wut zeigt das Kind, was ihm wichtig ist, für was es bereit ist, sich voll und ganz einzusetzen. Als Eltern müssen Sie [[Lernen der Eltern|lernen]], dieses wichtige Gefühl des Kindes ernst zu nehmen und angemessen darauf zu reagieren:
===Wut und Wille===
Zwischen dem Gefühl der Wut und dem [[Wille|Willen]] besteht also eine sehr enge Verbindung. Wenn der Mensch mit seinem Willen auf Widerstand stösst und dadurch wütend wird, kann das seine Kräfte erst recht mobilisieren. Das kann durchaus in konstruktiver Absicht geschehen. Man kennt solches Verhalten zum Beispiel im Fall von Bedrohungen oder Herausforderungen, denen man sich mit normalen Kräften kaum gewaschen sieht. Menschen können dann sprichwörtlich “mit der Wut im Bauch" über sich hinauswachsen und Dinge leisten, zu denen sie unter normalen Umständen nicht fähig wären.
Bei Kindern in der Phase der [[Willensbildung]] spricht man dann gerne von [[Toben|Wut- oder Tobsuchtsanfällen]]. Als Eltern müssen Sie zunächst [[Lernen der Eltern|lernen]], [[Toben#Angemessene_Reaktion|angemessen auf das Toben zu reagieren]]. Denn in solche Momente helfen weder [[Erklären|wohl gemeinte Erklärungen]], noch [[Beschwichtigen|Beschwichtigungen]] oder gar [[Schreiende Eltern|Schreien]]. Als Eltern müssen Sie einzig [[Ruhe der Eltern|ruhig]] beim Kind bleiben und [[Warten der Eltern|warten]], bis es vorbei ist. Gerade in solchen Momenten ist es wichtig, dass Sie Ihr Kind nicht [[Verlassen des Kindes|verlassen]], sondern ihm beistehen (allerdings ohne es zu halten, da es das in der Regel vehement ablehnen wird). Erst wenn sich das Kind ganz von alleine beruhigt hat, können Sie wieder in Kontakt mit ihm treten und ihm zum Beispiel anbieten, es in die Arme zu nehmen. Das Kind muss sich nun [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]] können. Und erst wenn Sie sicher sind, dass sich das Kind versöhnen konnte, können Sie endlich mit ihm besprechen, was denn passiert ist. Fragen Sie es zum Beispiel, ob es wütend war, oder sagen Sie ihm, wie es Ihnen ging, als es den Teller vor lauter Wut, weil es ihn nicht halten durfte, in Brüche schlug. So kann das Kind einerseits erfahren, dass es zwar wütend sein darf und trotzdem geliebt wird, dass es aber andererseits auch Ihre [[Grenzen]] berücksichtigen muss. So können Sie dann zusammen mit dem Kind zum Beispiel eine Regel [[Vereinbarungen|vereinbaren]] wann und unter welchen Umständen es den Teller von der Küche tragen darf beziehungsweise wann nicht, weil Ihnen das Risiko des Verschütten zu gross ist. Und schon beim nächsten Mal können Sie sich darauf verlassen, dass das Kind zuerst fragt, bevor es den Teller einfach vom Küchentisch reisst. [[Vertrauen der Eltern|Vertrauen]] Sie der natürlichen [[Kooperativ|Kooperationsbereitschaft]] des Kindes und Sie werden staunen, zu was es alles fähig ist!
Zu einem gesunden Willen gehört also auch Wut. Entscheidend ist aber, dass aus diesem Gefühl ein konstruktiver Antrieb wird. Dafür sind Sie als Eltern verantwortlich, indem Sie dem Kind [[Grenzen]] setzen und dabei [[konsequent]] bleiben. Das weitaus besten Mittel dafür sind [[Regeln]], die Sie möglichst mit dem Kind zusammen [[Vereinbarungen|vereinbaren]].
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===Wut und Motivation===
Menschen, die über Ihre Situation wirklich wütend sind, brauchen nicht motiviert zu werden, etwas daran zu ändern. Die Wut alleine ist schon Antrieb genug, um initiativ zu werden. Während sich andere über ihr Schicksal beklagen und vor lauter Jammern handlungsunfähig werden, kann der Wütende gar nicht anders als handeln. Und wenn er bereits gelernt hat, mit dem Gefühl der Wut bewusst umzugehen, wird auch konstruktiv handeln können.
Als Eltern müssen Sie deshalb aufmerksam sein, wenn Ihr Kind wütend ist. Wenn es zum Bespiel eine Schachtel öffnen will, ihm die nötige Geschicklichkeit fehlt und es deshalb wütend wird, sollten Sie es fragen, ob Sie ihm helfen sollen. Helfen Sie ihm aber nur so weit, wie es unbedingt nötig ist und prüfen Sie immer wieder, von wann an das Kind die Schachtel selbst weiteröffnen will. So erfährt es einen positiven Zusammenhang zwischen seinem Gefühl und dem damit verbundenen [[Erfolg]].
Wenn Sie sich hingegen über das Kind lustig machen oder ihm die Schachtel einfach aus den Händen reissen und selbst öffnen, wird es sich in seiner Wut nich mehr angenommen fühlen und erlebt so einen negativen Zusammenhang. Wiederholen sich solche Situationen immer wieder, kann das letztendlich zu einer verminderte [[Frustrationstoleranz]] führen. Das Gefühl der Wut  wird dann mehr und mehr durch [[Ersatzgefühle]] wie [[Groll]] oder [[Zorn]] ersetzt. Solche Ersatzgefühle sind, da sie mit negativen Absichten vermischt sind, für die Entwicklung hinderlich und vor allem später in Beziehungen problematisch.
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===Wut und Leidenschaft===
Menschen, die ein klares Ziel vor Augen haben, das ihnen wichtig ist, sind auch bereit dafür zu leiden. Sie nehmen beschwerliche Hindernisse in Kauf oder persönliche Nachteile, wenn sie dafür etwas Grösseres, zum Beispiel für die Gesellschaft Wichtiges, erreichen können. Diese Leidenschaft hat viel mit dem Gefühl der Wut zu tun. Wut gibt dem Menschen die Kraft, die Unbill des Lebens zu überwinden. Das kann zum Beispiel bei einer Fussballmannschaft beobachtet werden, die in einem Spiel von einem Fehlentscheid des Schiedsrichters oder einem groben Foul eines Gegenspielers benachteiligt ist: Spielte sie bisher mutlos, entwickelt sie plötzlich eine überraschende Leidenschaft und kann das Spiel in eine ganz andere Richtung drehen.
Leidenschaft bedeutet aber nicht etwa, sich oder anderen Menschen absichtliches Leid zuzufügen, sondern eigenes Leid in Kauf zu nehmen, ganz unabhängig davon, was die Ursache ist. Diese Fähigkeit erwirbt das Kind schon sehr früh, nämlich dann, wenn es von seinen Eltern [[Trost|getröstet]] wird, und zwar unabhängig davon, was die Ursache für sein Leid ist. Wenn das Kind zum Beispiel mit dem Fahrrad über einem Randstein fährt, obwohl Sie ihm davon dringend abgeraten haben, und dabei und stürzt, muss es "trotzdem" getröstet werden. Denn Trost muss bedingungslos sein. So erfährt das Kind, dass es (zu) hohe Ambitionen haben darf, dabei leidvoll scheitern darf und trotzdem geliebt wird. Es kann sich dann gewissermassen mit dem Randstein oder dem elterlichen Rat [[Versöhnung zwischen Eltern und Kind|versöhnen]].
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===Wut und Mut===
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==Ersatzgefühle==
Wut wird von vielen Menschen irrtümlicherweise als ein "negatives" Gefühl betrachtet, obwohl Gefühle an sich völlig wertfrei sind, also weder positiv noch negativ. Das ist sehr [[kontraproduktiv]], denn gerade dieses [[Missverständnisse|Missverständnis]] ist die Basis für eine ganze Reihe von [[Ersatzgefühle|Ersatzgefühlen]], die tatsächlich sehr problematisch sind:
* '''Zorn''': Wenn Wut unterdrückt wird, ist die Gefahr gross, dass sie der Mensch nicht mehr als Gefühl wahrnimmt und gerade dadurch in Form von [[Zorn]]  beherrscht wird. Zorn ist aggressiv und destruktiv. Wenn Eltern die Wut des Kindes nicht als Gefühl [[Beachtung|beachten]], sondern meinen, sie müssten mit Härte reagieren, wird das Gefühl unterdrückt. Gefühle können aber nicht einfach verdrängt oder gar zerstört werden. Sie können bloss verformt werden. Unterdrückte Wut kann dann plötzlich in Form von Zorn explodieren. Eine gesteigerte Form davon ist der [[Jähzorn]].
* '''Hass''': Wenn die Unterdrückung der Wut noch mit einer Kränkung oder Verletzung verbunden ist, kann sie sich in Form von [[Hass]] auf den Täter ausdrücken. Die Ursache von Hass des Kindes auf seine Eltern liegt häufig in [[Missbrauch]].
* '''Ärger''': Wenn das Gefühl der Wut verkümmert, äussert sich diese häufig als [[Ärger]]. Der Mensch fühlt sich zwar durch etwas oder jemanden genervt, doch nimmt er das eigentlich dahinter stehende Gefühl der Wut nicht mehr genügend wahr, um handeln zu können, er verfällt stattdessen der Passivität. Solche resignatives Verhalten hat die Ursache häufig in der Kindheit, insbesondre wenn die Wut des Kindes [[Verharmlosen|verharmlost]] oder [[Beschwichtigen|beschwichtigt]] wird.
* '''Groll''': [[Groll]]
* '''Rachegelüste''': [[Rache des Kindes|Rachegelüste]]
* '''Trötzeln''': [[Trötzeln]]
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{{Themen}}
{{Themen}}
* Weitere [[Grundgefühle]]
* [[Wut des Kindes]]
** [[Freude]]
* [[Wut der Eltern]]
** [[Angst]]
** [[Trauer]]
* [[Ersatzgefühle]] im Zusammenhang mit Wut
** [[Zorn]]
** [[Hass]]
** [[Ärger]]
** [[Groll]]
** [[Jähzorn]]
** [[Rache des Kindes|Rachegelüste]]
** [[Trötzeln]]
* [[Wille]]
* [[Toben]]
* [[Leidenschaft]]
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{{VertrauenGrenzen}}
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Aktuelle Version vom 5. Juni 2020, 15:29 Uhr

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